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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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im Pastorat zur rechten Hand unterm Spie-
gel des Prunkzimmers hing, schwer, weil
mein Vater in allen Dingen die Gewohnheit
hatte mit dem Homer anzufangen.

Damit aber meine Leser ja nicht Realin-
jurien begehen und an den Gedanken grän-
zen als ob mein Vater auch nur stillschwei-
gend eine Unwahrheit verübt; so muß ich
ihn bei dieser maasgebenden Gelegenheit recht-
fertigen und ihn über jenen Heiden heraus-
bringen, dem man zur Steu'r der Wahrheit
nachsagt, daß er auch nicht im Scherze un-
richtig geworden, welches in unserer galan-
ten Mundart ungefehr heißen würde daß er
keine einzige Equivoke gesagt habe. Wer
weiß es nicht daß eine stillschweigende Lüge
eine himmelschreiende stumme Sünde sei, der
feinste Meuchelmord und eben darum der ge-
wönlichste. Was meinet ihr lieben Leser!
mißt mein Bater nicht einen Zoll und einen
Strich mehr?

Gotthard sagte meine Mutter der Held
der Helden. Nicht also fiel mein Vater ein.
Eugen! ein Deutscher der in seiner Jugend
Theologie studirte und schon wirklich Candi-
datus Theologiä war, ein rundes Perückchen
trug und geprediget hatte, dies brachte meine

Mutter

im Paſtorat zur rechten Hand unterm Spie-
gel des Prunkzimmers hing, ſchwer, weil
mein Vater in allen Dingen die Gewohnheit
hatte mit dem Homer anzufangen.

Damit aber meine Leſer ja nicht Realin-
jurien begehen und an den Gedanken graͤn-
zen als ob mein Vater auch nur ſtillſchwei-
gend eine Unwahrheit veruͤbt; ſo muß ich
ihn bei dieſer maasgebenden Gelegenheit recht-
fertigen und ihn uͤber jenen Heiden heraus-
bringen, dem man zur Steu’r der Wahrheit
nachſagt, daß er auch nicht im Scherze un-
richtig geworden, welches in unſerer galan-
ten Mundart ungefehr heißen wuͤrde daß er
keine einzige Equivoke geſagt habe. Wer
weiß es nicht daß eine ſtillſchweigende Luͤge
eine himmelſchreiende ſtumme Suͤnde ſei, der
feinſte Meuchelmord und eben darum der ge-
woͤnlichſte. Was meinet ihr lieben Leſer!
mißt mein Bater nicht einen Zoll und einen
Strich mehr?

Gotthard ſagte meine Mutter der Held
der Helden. Nicht alſo fiel mein Vater ein.
Eugen! ein Deutſcher der in ſeiner Jugend
Theologie ſtudirte und ſchon wirklich Candi-
datus Theologiaͤ war, ein rundes Peruͤckchen
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[56/0064] im Paſtorat zur rechten Hand unterm Spie- gel des Prunkzimmers hing, ſchwer, weil mein Vater in allen Dingen die Gewohnheit hatte mit dem Homer anzufangen. Damit aber meine Leſer ja nicht Realin- jurien begehen und an den Gedanken graͤn- zen als ob mein Vater auch nur ſtillſchwei- gend eine Unwahrheit veruͤbt; ſo muß ich ihn bei dieſer maasgebenden Gelegenheit recht- fertigen und ihn uͤber jenen Heiden heraus- bringen, dem man zur Steu’r der Wahrheit nachſagt, daß er auch nicht im Scherze un- richtig geworden, welches in unſerer galan- ten Mundart ungefehr heißen wuͤrde daß er keine einzige Equivoke geſagt habe. Wer weiß es nicht daß eine ſtillſchweigende Luͤge eine himmelſchreiende ſtumme Suͤnde ſei, der feinſte Meuchelmord und eben darum der ge- woͤnlichſte. Was meinet ihr lieben Leſer! mißt mein Bater nicht einen Zoll und einen Strich mehr? Gotthard ſagte meine Mutter der Held der Helden. Nicht alſo fiel mein Vater ein. Eugen! ein Deutſcher der in ſeiner Jugend Theologie ſtudirte und ſchon wirklich Candi- datus Theologiaͤ war, ein rundes Peruͤckchen trug und geprediget hatte, dies brachte meine Mutter

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/64>, abgerufen am 24.11.2024.