Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite
man von einem, der einen Kopf hat, sagen:
er sey ein Kopf?
Vater. Nicht an der Mutter Brust; allein
oft früh, oft später.
Ich. Also, Gottlob! kann auch Kind
und Jüngling Kopf seyn? --
Vater. Allerdings! in Hofnung! man
steht was die junge Seele werden wird, so
wie im Frühling die Erndte, des Morgens
den Tag! Die meisten Knospen haben den Ge-
schmack der künftigen Frucht --
Hier machten wir uns alle drey Complimente, und
stießen die Köpfe im Guten an einander; der ge-
neigte Leser wird mir diese Stöße gern erlaßen.
Es würde auch unartig gewesen seyn, wenn ei-
ner dem andern den Kopf abgesprochen hätte.
Vater. Gedächtnis, Schärfe der Sin-
nen, sind beym Witz und Urtheilskraft Ge-
sellschaftscavaliere, Sekretairs, Haushof-
meisters u. s. w. Verstand hat das Votum
decisiuum.
Herr v. G. Gott ehr mir den Witz, weil
er zu lachen macht; das Klügste was die
Menschen können.
Vater. Ueber Witz lacht man. Die Ur-
theilskraft aber macht seelenfroh. -- Die
Seelenfreude ist eine ganz besondere Freude.
Man
man von einem, der einen Kopf hat, ſagen:
er ſey ein Kopf?
Vater. Nicht an der Mutter Bruſt; allein
oft fruͤh, oft ſpaͤter.
Ich. Alſo, Gottlob! kann auch Kind
und Juͤngling Kopf ſeyn? —
Vater. Allerdings! in Hofnung! man
ſteht was die junge Seele werden wird, ſo
wie im Fruͤhling die Erndte, des Morgens
den Tag! Die meiſten Knoſpen haben den Ge-
ſchmack der kuͤnftigen Frucht —
Hier machten wir uns alle drey Complimente, und
ſtießen die Koͤpfe im Guten an einander; der ge-
neigte Leſer wird mir dieſe Stoͤße gern erlaßen.
Es wuͤrde auch unartig geweſen ſeyn, wenn ei-
ner dem andern den Kopf abgeſprochen haͤtte.
Vater. Gedaͤchtnis, Schaͤrfe der Sin-
nen, ſind beym Witz und Urtheilskraft Ge-
ſellſchaftscavaliere, Sekretairs, Haushof-
meiſters u. ſ. w. Verſtand hat das Votum
deciſiuum.
Herr v. G. Gott ehr mir den Witz, weil
er zu lachen macht; das Kluͤgſte was die
Menſchen koͤnnen.
Vater. Ueber Witz lacht man. Die Ur-
theilskraft aber macht ſeelenfroh. — Die
Seelenfreude iſt eine ganz beſondere Freude.
Man
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp>
            <p><pb facs="#f0396" n="384"/>
man von einem, der einen Kopf hat, &#x017F;agen:<lb/>
er &#x017F;ey ein Kopf?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Vater.</hi> </speaker>
            <p>Nicht an der Mutter Bru&#x017F;t; allein<lb/>
oft fru&#x0364;h, oft &#x017F;pa&#x0364;ter.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ich.</hi> </speaker>
            <p>Al&#x017F;o, Gottlob! kann auch Kind<lb/>
und Ju&#x0364;ngling Kopf &#x017F;eyn? &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Vater.</hi> </speaker>
            <p>Allerdings! in Hofnung! man<lb/>
&#x017F;teht was die junge Seele werden wird, &#x017F;o<lb/>
wie im Fru&#x0364;hling die Erndte, des Morgens<lb/>
den Tag! Die mei&#x017F;ten Kno&#x017F;pen haben den Ge-<lb/>
&#x017F;chmack der ku&#x0364;nftigen Frucht &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <stage>Hier machten wir uns alle drey Complimente, und<lb/>
&#x017F;tießen die <hi rendition="#fr">Ko&#x0364;pfe</hi> im Guten an einander; der ge-<lb/>
neigte Le&#x017F;er wird mir die&#x017F;e Sto&#x0364;ße gern erlaßen.<lb/>
Es wu&#x0364;rde auch unartig gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, wenn ei-<lb/>
ner dem andern den Kopf abge&#x017F;prochen ha&#x0364;tte.</stage><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Vater.</hi> </speaker>
            <p>Geda&#x0364;chtnis, Scha&#x0364;rfe der Sin-<lb/>
nen, &#x017F;ind beym Witz und Urtheilskraft Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaftscavaliere, Sekretairs, Haushof-<lb/>
mei&#x017F;ters u. &#x017F;. w. Ver&#x017F;tand hat das <hi rendition="#aq">Votum<lb/>
deci&#x017F;iuum.</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Herr v. G.</hi> </speaker>
            <p>Gott ehr mir den Witz, weil<lb/>
er zu lachen macht; das Klu&#x0364;g&#x017F;te was die<lb/>
Men&#x017F;chen ko&#x0364;nnen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Vater.</hi> </speaker>
            <p>Ueber Witz lacht man. Die Ur-<lb/>
theilskraft aber macht &#x017F;eelenfroh. &#x2014; Die<lb/>
Seelenfreude i&#x017F;t eine ganz be&#x017F;ondere Freude.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[384/0396] man von einem, der einen Kopf hat, ſagen: er ſey ein Kopf? Vater. Nicht an der Mutter Bruſt; allein oft fruͤh, oft ſpaͤter. Ich. Alſo, Gottlob! kann auch Kind und Juͤngling Kopf ſeyn? — Vater. Allerdings! in Hofnung! man ſteht was die junge Seele werden wird, ſo wie im Fruͤhling die Erndte, des Morgens den Tag! Die meiſten Knoſpen haben den Ge- ſchmack der kuͤnftigen Frucht — Hier machten wir uns alle drey Complimente, und ſtießen die Koͤpfe im Guten an einander; der ge- neigte Leſer wird mir dieſe Stoͤße gern erlaßen. Es wuͤrde auch unartig geweſen ſeyn, wenn ei- ner dem andern den Kopf abgeſprochen haͤtte. Vater. Gedaͤchtnis, Schaͤrfe der Sin- nen, ſind beym Witz und Urtheilskraft Ge- ſellſchaftscavaliere, Sekretairs, Haushof- meiſters u. ſ. w. Verſtand hat das Votum deciſiuum. Herr v. G. Gott ehr mir den Witz, weil er zu lachen macht; das Kluͤgſte was die Menſchen koͤnnen. Vater. Ueber Witz lacht man. Die Ur- theilskraft aber macht ſeelenfroh. — Die Seelenfreude iſt eine ganz beſondere Freude. Man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/396
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/396>, abgerufen am 01.06.2024.