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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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gut Sieg erfochten, als einen Catechismus
geschrieben.
Vater. Es würd manchmal gut seyn, wenn
sich ein Geistlicher mit einem Narren von
Freygeist herumschießen könnte. Gewiß würd
er mehr durchs Pulver, als durch Gründe
frommen, besonders in Curland, wo alles
nach Pulver riecht -- allein wer das Schwerd
nimmt, wird durchs Schwerd umkommen --
Ich. Mit dreyen nehm ichs auf -- ich
meyn mit Freygeistern, sonst weiß ich auch
wer Herz hat.
Vater. Feigheit fällt in alle fünf Sinne:
man sieht sie im Finstern. Einen muthigen
Mann kennt man nicht so leicht. Er trägt
nicht Spieß und Lanze. Gemeinhin sieht
er blöde aus. Seine Miene ist sanft und edel:
wenn er spricht, ists als spräche man mit
Frauenzimmer.
Ich. Wer hat, darf nicht borgen --
Vater. Ein muthiger Mann ist ein ver-
mögender Mann, und darum braucht er kein
Creditkleid, keinen Empfehlungsbrief. -- Er
ist überzeugt, daß es ihm nicht fehlen könne.
Muth ist ein edles Bewustseyn, von dem
einige Leute sehr einfältig sagen, er sey anzu-
sehn.
gut Sieg erfochten, als einen Catechismus
geſchrieben.
Vater. Es wuͤrd manchmal gut ſeyn, wenn
ſich ein Geiſtlicher mit einem Narren von
Freygeiſt herumſchießen koͤnnte. Gewiß wuͤrd
er mehr durchs Pulver, als durch Gruͤnde
frommen, beſonders in Curland, wo alles
nach Pulver riecht — allein wer das Schwerd
nimmt, wird durchs Schwerd umkommen —
Ich. Mit dreyen nehm ichs auf — ich
meyn mit Freygeiſtern, ſonſt weiß ich auch
wer Herz hat.
Vater. Feigheit faͤllt in alle fuͤnf Sinne:
man ſieht ſie im Finſtern. Einen muthigen
Mann kennt man nicht ſo leicht. Er traͤgt
nicht Spieß und Lanze. Gemeinhin ſieht
er bloͤde aus. Seine Miene iſt ſanft und edel:
wenn er ſpricht, iſts als ſpraͤche man mit
Frauenzimmer.
Ich. Wer hat, darf nicht borgen —
Vater. Ein muthiger Mann iſt ein ver-
moͤgender Mann, und darum braucht er kein
Creditkleid, keinen Empfehlungsbrief. — Er
iſt uͤberzeugt, daß es ihm nicht fehlen koͤnne.
Muth iſt ein edles Bewuſtſeyn, von dem
einige Leute ſehr einfaͤltig ſagen, er ſey anzu-
ſehn.
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[363/0375] gut Sieg erfochten, als einen Catechismus geſchrieben. Vater. Es wuͤrd manchmal gut ſeyn, wenn ſich ein Geiſtlicher mit einem Narren von Freygeiſt herumſchießen koͤnnte. Gewiß wuͤrd er mehr durchs Pulver, als durch Gruͤnde frommen, beſonders in Curland, wo alles nach Pulver riecht — allein wer das Schwerd nimmt, wird durchs Schwerd umkommen — Ich. Mit dreyen nehm ichs auf — ich meyn mit Freygeiſtern, ſonſt weiß ich auch wer Herz hat. Vater. Feigheit faͤllt in alle fuͤnf Sinne: man ſieht ſie im Finſtern. Einen muthigen Mann kennt man nicht ſo leicht. Er traͤgt nicht Spieß und Lanze. Gemeinhin ſieht er bloͤde aus. Seine Miene iſt ſanft und edel: wenn er ſpricht, iſts als ſpraͤche man mit Frauenzimmer. Ich. Wer hat, darf nicht borgen — Vater. Ein muthiger Mann iſt ein ver- moͤgender Mann, und darum braucht er kein Creditkleid, keinen Empfehlungsbrief. — Er iſt uͤberzeugt, daß es ihm nicht fehlen koͤnne. Muth iſt ein edles Bewuſtſeyn, von dem einige Leute ſehr einfaͤltig ſagen, er ſey anzu- ſehn.

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/375>, abgerufen am 27.11.2024.