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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Othem haben. Ein gutes Gewissen ist bes-
ser als zween Zeugen. Es verzehrt deinen
Kummer, wie die Sonne das Eiß. Es ist
ein Brunnen, wenn dich durstet, ein Stab,
wenn du sinckest, ein Schirm, ein rigascher
Pastorhut, wenn dich die Sonne sticht, ein
Kopfküßen im Tode -- Der Herr unser
Gott ist der Allerhöchste, und er schuf Löwen
und Frösche, Adler und Mücken, und alles
was auf Erden kreucht. Kein Sperling fält
ohne seinen Willen, und in ihm leben,
weben und sind wir. Gleiche Brüder glei-
che Kappen. Gleichheit sagt dein Vater ist
das Winkelmaas der Menschheit. Wer nicht
über andere wegsieht, und am Tisch sich oben
ansetzet, und nach der Hechtleber langt, er-
regt keinen Neid, und Niemand spricht zu
ihm: weiche diesem. Der größte Hümpler
die meisten Spähne. Keine Antwort ist
auch eine Antwort. So wie das Wasser
Feuer löscht, so überwältiget die Bescheiden-
heit den Stolzen. Sie ist der Ring, den
man den Bären durch die Nase zieht. Gut
macht Blut, Blut macht Muth, Muth
macht Uebermuth. Es ist eine schwere Sa-
che um die ächte Schaamröthe. Bey vielen
ist sie Schmincke, und Pfui über die viele.

Wenn

Othem haben. Ein gutes Gewiſſen iſt beſ-
ſer als zween Zeugen. Es verzehrt deinen
Kummer, wie die Sonne das Eiß. Es iſt
ein Brunnen, wenn dich durſtet, ein Stab,
wenn du ſinckeſt, ein Schirm, ein rigaſcher
Paſtorhut, wenn dich die Sonne ſticht, ein
Kopfkuͤßen im Tode — Der Herr unſer
Gott iſt der Allerhoͤchſte, und er ſchuf Loͤwen
und Froͤſche, Adler und Muͤcken, und alles
was auf Erden kreucht. Kein Sperling faͤlt
ohne ſeinen Willen, und in ihm leben,
weben und ſind wir. Gleiche Bruͤder glei-
che Kappen. Gleichheit ſagt dein Vater iſt
das Winkelmaas der Menſchheit. Wer nicht
uͤber andere wegſieht, und am Tiſch ſich oben
anſetzet, und nach der Hechtleber langt, er-
regt keinen Neid, und Niemand ſpricht zu
ihm: weiche dieſem. Der groͤßte Huͤmpler
die meiſten Spaͤhne. Keine Antwort iſt
auch eine Antwort. So wie das Waſſer
Feuer loͤſcht, ſo uͤberwaͤltiget die Beſcheiden-
heit den Stolzen. Sie iſt der Ring, den
man den Baͤren durch die Naſe zieht. Gut
macht Blut, Blut macht Muth, Muth
macht Uebermuth. Es iſt eine ſchwere Sa-
che um die aͤchte Schaamroͤthe. Bey vielen
iſt ſie Schmincke, und Pfui uͤber die viele.

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[297/0309] Othem haben. Ein gutes Gewiſſen iſt beſ- ſer als zween Zeugen. Es verzehrt deinen Kummer, wie die Sonne das Eiß. Es iſt ein Brunnen, wenn dich durſtet, ein Stab, wenn du ſinckeſt, ein Schirm, ein rigaſcher Paſtorhut, wenn dich die Sonne ſticht, ein Kopfkuͤßen im Tode — Der Herr unſer Gott iſt der Allerhoͤchſte, und er ſchuf Loͤwen und Froͤſche, Adler und Muͤcken, und alles was auf Erden kreucht. Kein Sperling faͤlt ohne ſeinen Willen, und in ihm leben, weben und ſind wir. Gleiche Bruͤder glei- che Kappen. Gleichheit ſagt dein Vater iſt das Winkelmaas der Menſchheit. Wer nicht uͤber andere wegſieht, und am Tiſch ſich oben anſetzet, und nach der Hechtleber langt, er- regt keinen Neid, und Niemand ſpricht zu ihm: weiche dieſem. Der groͤßte Huͤmpler die meiſten Spaͤhne. Keine Antwort iſt auch eine Antwort. So wie das Waſſer Feuer loͤſcht, ſo uͤberwaͤltiget die Beſcheiden- heit den Stolzen. Sie iſt der Ring, den man den Baͤren durch die Naſe zieht. Gut macht Blut, Blut macht Muth, Muth macht Uebermuth. Es iſt eine ſchwere Sa- che um die aͤchte Schaamroͤthe. Bey vielen iſt ſie Schmincke, und Pfui uͤber die viele. Wenn

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/309>, abgerufen am 22.11.2024.