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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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selbst auf andere Gedancken brachte. Sie
umarmete und seegnete mich wiewol wieder
zweygliedrig mit beiden Händen so daß jede
Hand ein Seegensstück sich zueignete. Die
Zeit der Erndte ist vorhanden! sagte sie, weißt
du noch was ich dir hier an dieser heiligen
Städte gewünscht habe? Meine Ermahnun-
gen sind auf ein gut Land gefallen -- --

Ueber diese Zurückerinnerungen bey die-
sem Erndtefest vergaß ich das Stück rohen
Schinken welches mir meine Mutter für diese
Cabinetspredigt versprochen hatte. Sie selbst
hatte bey der in der Speisekammer genosse-
nen Seelenspeise den Leib ganz und gar ver-
gessen. Ich habe indessen diese Schuldpost
mit Zinsen vsque ad vltimum solutionis mo-
mentum
zurückerhalten. Die ganze lezte
Woche vor der Predigt wurde von meiner
lieben Mutter so wie der heilige Abend
vor einem der drey hohen Feste angesehen.
Sie feyerte Weynachten, Ostern, Pfingsten
meinetwegen auf einmal und alles gieng auf
Zehen. Am Freytage führte mich mein Va-
ter zwischen zehn und eilf des Abends in die
Kirche und setzte sich mit meiner Mutter, die
eine kleine Laterne in der Hand hielt in seinen
Beichtstuhl. Ich wurde durch diesen Schein

der

ſelbſt auf andere Gedancken brachte. Sie
umarmete und ſeegnete mich wiewol wieder
zweygliedrig mit beiden Haͤnden ſo daß jede
Hand ein Seegensſtuͤck ſich zueignete. Die
Zeit der Erndte iſt vorhanden! ſagte ſie, weißt
du noch was ich dir hier an dieſer heiligen
Staͤdte gewuͤnſcht habe? Meine Ermahnun-
gen ſind auf ein gut Land gefallen — —

Ueber dieſe Zuruͤckerinnerungen bey die-
ſem Erndtefeſt vergaß ich das Stuͤck rohen
Schinken welches mir meine Mutter fuͤr dieſe
Cabinetspredigt verſprochen hatte. Sie ſelbſt
hatte bey der in der Speiſekammer genoſſe-
nen Seelenſpeiſe den Leib ganz und gar ver-
geſſen. Ich habe indeſſen dieſe Schuldpoſt
mit Zinſen vsque ad vltimum ſolutionis mo-
mentum
zuruͤckerhalten. Die ganze lezte
Woche vor der Predigt wurde von meiner
lieben Mutter ſo wie der heilige Abend
vor einem der drey hohen Feſte angeſehen.
Sie feyerte Weynachten, Oſtern, Pfingſten
meinetwegen auf einmal und alles gieng auf
Zehen. Am Freytage fuͤhrte mich mein Va-
ter zwiſchen zehn und eilf des Abends in die
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[178/0186] ſelbſt auf andere Gedancken brachte. Sie umarmete und ſeegnete mich wiewol wieder zweygliedrig mit beiden Haͤnden ſo daß jede Hand ein Seegensſtuͤck ſich zueignete. Die Zeit der Erndte iſt vorhanden! ſagte ſie, weißt du noch was ich dir hier an dieſer heiligen Staͤdte gewuͤnſcht habe? Meine Ermahnun- gen ſind auf ein gut Land gefallen — — Ueber dieſe Zuruͤckerinnerungen bey die- ſem Erndtefeſt vergaß ich das Stuͤck rohen Schinken welches mir meine Mutter fuͤr dieſe Cabinetspredigt verſprochen hatte. Sie ſelbſt hatte bey der in der Speiſekammer genoſſe- nen Seelenſpeiſe den Leib ganz und gar ver- geſſen. Ich habe indeſſen dieſe Schuldpoſt mit Zinſen vsque ad vltimum ſolutionis mo- mentum zuruͤckerhalten. Die ganze lezte Woche vor der Predigt wurde von meiner lieben Mutter ſo wie der heilige Abend vor einem der drey hohen Feſte angeſehen. Sie feyerte Weynachten, Oſtern, Pfingſten meinetwegen auf einmal und alles gieng auf Zehen. Am Freytage fuͤhrte mich mein Va- ter zwiſchen zehn und eilf des Abends in die Kirche und ſetzte ſich mit meiner Mutter, die eine kleine Laterne in der Hand hielt in ſeinen Beichtſtuhl. Ich wurde durch dieſen Schein der

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/186>, abgerufen am 22.11.2024.