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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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treu und nicht Jedermanns Ding. Dem Adel
und dem weltlichen Arm blieb mein Vater
getreu bis in den Tod.

Ich nahm täglich in Kenntnißen der
Schrifft zu, wenigstens war mein Herz' ein
Schrifftbefolger. Meiner Mutter zu gefal-
len mußt' ich meines Vaters Kragen anle-
gen, und ein andermal seinen Mantel und
denn wieder ein andres geistliches Kleidungs-
stück anpassen, damit sie sähe wie es mir
ließe. Eines Tages da mein Vater viel
Beichtkinder hatte und ich meiner Mutter zu
Ehren bis auf die neue Perüque meines Va-
ters zum Geistlichen investiret war; fieng
der Gedanke der schon offt wie die Sonne
auf und untergegangen war, hell zu schei-
nen an! Ist es denn nicht möglich, sagte
sie, daß ich dich ehe du auf Universitäten
ziehest predigen hören kann?

Die Brodtstudien haben mit den Hand-
werkern alles nur mögliche gemein, und
meine Mutter hatte nicht ganz Unrecht, daß
sie auf ein Gesellenstück bestand ehe ich losge-
sprochen werden solte. Es war ausgemacht,
daß ich über einige Zeit als Geselle auf meine
Künste und Wissenschaften reisen, oder wie
man es in Curland nennet ausreisen und

das

treu und nicht Jedermanns Ding. Dem Adel
und dem weltlichen Arm blieb mein Vater
getreu bis in den Tod.

Ich nahm taͤglich in Kenntnißen der
Schrifft zu, wenigſtens war mein Herz’ ein
Schrifftbefolger. Meiner Mutter zu gefal-
len mußt’ ich meines Vaters Kragen anle-
gen, und ein andermal ſeinen Mantel und
denn wieder ein andres geiſtliches Kleidungs-
ſtuͤck anpaſſen, damit ſie ſaͤhe wie es mir
ließe. Eines Tages da mein Vater viel
Beichtkinder hatte und ich meiner Mutter zu
Ehren bis auf die neue Peruͤque meines Va-
ters zum Geiſtlichen inveſtiret war; fieng
der Gedanke der ſchon offt wie die Sonne
auf und untergegangen war, hell zu ſchei-
nen an! Iſt es denn nicht moͤglich, ſagte
ſie, daß ich dich ehe du auf Univerſitaͤten
zieheſt predigen hoͤren kann?

Die Brodtſtudien haben mit den Hand-
werkern alles nur moͤgliche gemein, und
meine Mutter hatte nicht ganz Unrecht, daß
ſie auf ein Geſellenſtuͤck beſtand ehe ich losge-
ſprochen werden ſolte. Es war ausgemacht,
daß ich uͤber einige Zeit als Geſelle auf meine
Kuͤnſte und Wiſſenſchaften reiſen, oder wie
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das
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[170/0178] treu und nicht Jedermanns Ding. Dem Adel und dem weltlichen Arm blieb mein Vater getreu bis in den Tod. Ich nahm taͤglich in Kenntnißen der Schrifft zu, wenigſtens war mein Herz’ ein Schrifftbefolger. Meiner Mutter zu gefal- len mußt’ ich meines Vaters Kragen anle- gen, und ein andermal ſeinen Mantel und denn wieder ein andres geiſtliches Kleidungs- ſtuͤck anpaſſen, damit ſie ſaͤhe wie es mir ließe. Eines Tages da mein Vater viel Beichtkinder hatte und ich meiner Mutter zu Ehren bis auf die neue Peruͤque meines Va- ters zum Geiſtlichen inveſtiret war; fieng der Gedanke der ſchon offt wie die Sonne auf und untergegangen war, hell zu ſchei- nen an! Iſt es denn nicht moͤglich, ſagte ſie, daß ich dich ehe du auf Univerſitaͤten zieheſt predigen hoͤren kann? Die Brodtſtudien haben mit den Hand- werkern alles nur moͤgliche gemein, und meine Mutter hatte nicht ganz Unrecht, daß ſie auf ein Geſellenſtuͤck beſtand ehe ich losge- ſprochen werden ſolte. Es war ausgemacht, daß ich uͤber einige Zeit als Geſelle auf meine Kuͤnſte und Wiſſenſchaften reiſen, oder wie man es in Curland nennet ausreiſen und das

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/178>, abgerufen am 25.11.2024.