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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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gütige Eltern lebt wohl! lebt wohl! Hier
nahm ich alle ihre Hände zusammen und
küßte sie und sagte: Gott vergelt' euch alles
Gute. Dir liebe Mutter das Geräucherte
unterm Kupferstich. Seyd Minchen und
Benjamin gut liebe Eltern und wenn es seyn
kann laßt mich hinter der Kirche an dem gro-
ßen schwarzen Kreutze begraben wo mein lieb-
stes Lager war. Lieber Vater du weißt den
Platz so gut wie ich. Minchen wird, das
weiß ich, sich gern auch da begraben lassen --
wenn anders ihr Mann es zugiebt, und auch
ihr meine liebe Eltern wenn ihr so gütig seyn
woltet ruhet zusammen mit mir bis an den
Morgen des jüngsten Tages -- Dann geh'
ich mit Minchen wie ein Bräutigam mit sei-
ner Braut aus der Schlafkammer. Eine
lange Brautnacht -- Mein Herz bebt vor
dem Wort lange zurück! Gott schenck uns
allen eine angenehme Ruhe -- Wir weinten
alle. Die Thränen meiner Mutter flossen
sanft, so sanft als ein warmer Mairegen.
Mein Vater war heftig. Stirb sagt' er im
Namen Gottes der Himmel und Erde ge-
macht hat, und meine Mutter: Amen, und
ich: Gott mit euch in alle Ewigkeit und wir
alle drey zusammen Amen! Amen!


Nach

guͤtige Eltern lebt wohl! lebt wohl! Hier
nahm ich alle ihre Haͤnde zuſammen und
kuͤßte ſie und ſagte: Gott vergelt’ euch alles
Gute. Dir liebe Mutter das Geraͤucherte
unterm Kupferſtich. Seyd Minchen und
Benjamin gut liebe Eltern und wenn es ſeyn
kann laßt mich hinter der Kirche an dem gro-
ßen ſchwarzen Kreutze begraben wo mein lieb-
ſtes Lager war. Lieber Vater du weißt den
Platz ſo gut wie ich. Minchen wird, das
weiß ich, ſich gern auch da begraben laſſen —
wenn anders ihr Mann es zugiebt, und auch
ihr meine liebe Eltern wenn ihr ſo guͤtig ſeyn
woltet ruhet zuſammen mit mir bis an den
Morgen des juͤngſten Tages — Dann geh’
ich mit Minchen wie ein Braͤutigam mit ſei-
ner Braut aus der Schlafkammer. Eine
lange Brautnacht — Mein Herz bebt vor
dem Wort lange zuruͤck! Gott ſchenck uns
allen eine angenehme Ruhe — Wir weinten
alle. Die Thraͤnen meiner Mutter floſſen
ſanft, ſo ſanft als ein warmer Mairegen.
Mein Vater war heftig. Stirb ſagt’ er im
Namen Gottes der Himmel und Erde ge-
macht hat, und meine Mutter: Amen, und
ich: Gott mit euch in alle Ewigkeit und wir
alle drey zuſammen Amen! Amen!


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[138/0146] guͤtige Eltern lebt wohl! lebt wohl! Hier nahm ich alle ihre Haͤnde zuſammen und kuͤßte ſie und ſagte: Gott vergelt’ euch alles Gute. Dir liebe Mutter das Geraͤucherte unterm Kupferſtich. Seyd Minchen und Benjamin gut liebe Eltern und wenn es ſeyn kann laßt mich hinter der Kirche an dem gro- ßen ſchwarzen Kreutze begraben wo mein lieb- ſtes Lager war. Lieber Vater du weißt den Platz ſo gut wie ich. Minchen wird, das weiß ich, ſich gern auch da begraben laſſen — wenn anders ihr Mann es zugiebt, und auch ihr meine liebe Eltern wenn ihr ſo guͤtig ſeyn woltet ruhet zuſammen mit mir bis an den Morgen des juͤngſten Tages — Dann geh’ ich mit Minchen wie ein Braͤutigam mit ſei- ner Braut aus der Schlafkammer. Eine lange Brautnacht — Mein Herz bebt vor dem Wort lange zuruͤck! Gott ſchenck uns allen eine angenehme Ruhe — Wir weinten alle. Die Thraͤnen meiner Mutter floſſen ſanft, ſo ſanft als ein warmer Mairegen. Mein Vater war heftig. Stirb ſagt’ er im Namen Gottes der Himmel und Erde ge- macht hat, und meine Mutter: Amen, und ich: Gott mit euch in alle Ewigkeit und wir alle drey zuſammen Amen! Amen! Nach

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/146>, abgerufen am 13.10.2024.