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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Mein Vater kam wider faßte mich an
die Stirne und Hände, und ich konnt an
seinen Augen in Frackturschrift lesen was er
so bald er merkte, daß ich herein sahe vor
mir verbarg --

So sehr mein lieber Vater wieder die
Aerzte war die er wie die Beichtväter und
Gewissensräthe für Etwas hielte was uns
und unsern Gott und die Natur sein Werk
von einander schiede; so gab er doch dem
Verlangen meiner Mutter nach, die sich ihr
Votum nicht nehmen ließ.

Offt hab ich ihn sagen gehört ohne Arzt
stirbt man leicht und schnell. Mit einem
Arzt stirbt man täglich. Wer bis in seinen
letzten Augenblick lebt, wer beharret bis ans
Ende stirbt nicht -- er wird lebendig gen
Himmel geholt und dies alles kann man nur
ohne Arzt. Dies und noch mehr sagt' er
sehr oft, allein jezt blieben diese schönen Sprü-
che weg, er schrieb an den Docktor Saft,
der sechs Meilen von meinem Puls entfernt
war, und macht' ein Gesicht als ein Refe-
rent, der von seiner Meinung durch die
Mehrheit abgestimmt ist.

Die Antwort des Docktor Saft traf ihm
das Herz. Er war nicht mehr. Er bestä-

tigte

Mein Vater kam wider faßte mich an
die Stirne und Haͤnde, und ich konnt an
ſeinen Augen in Frackturſchrift leſen was er
ſo bald er merkte, daß ich herein ſahe vor
mir verbarg —

So ſehr mein lieber Vater wieder die
Aerzte war die er wie die Beichtvaͤter und
Gewiſſensraͤthe fuͤr Etwas hielte was uns
und unſern Gott und die Natur ſein Werk
von einander ſchiede; ſo gab er doch dem
Verlangen meiner Mutter nach, die ſich ihr
Votum nicht nehmen ließ.

Offt hab ich ihn ſagen gehoͤrt ohne Arzt
ſtirbt man leicht und ſchnell. Mit einem
Arzt ſtirbt man taͤglich. Wer bis in ſeinen
letzten Augenblick lebt, wer beharret bis ans
Ende ſtirbt nicht — er wird lebendig gen
Himmel geholt und dies alles kann man nur
ohne Arzt. Dies und noch mehr ſagt’ er
ſehr oft, allein jezt blieben dieſe ſchoͤnen Spruͤ-
che weg, er ſchrieb an den Docktor Saft,
der ſechs Meilen von meinem Puls entfernt
war, und macht’ ein Geſicht als ein Refe-
rent, der von ſeiner Meinung durch die
Mehrheit abgeſtimmt iſt.

Die Antwort des Docktor Saft traf ihm
das Herz. Er war nicht mehr. Er beſtaͤ-

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[125/0133] Mein Vater kam wider faßte mich an die Stirne und Haͤnde, und ich konnt an ſeinen Augen in Frackturſchrift leſen was er ſo bald er merkte, daß ich herein ſahe vor mir verbarg — So ſehr mein lieber Vater wieder die Aerzte war die er wie die Beichtvaͤter und Gewiſſensraͤthe fuͤr Etwas hielte was uns und unſern Gott und die Natur ſein Werk von einander ſchiede; ſo gab er doch dem Verlangen meiner Mutter nach, die ſich ihr Votum nicht nehmen ließ. Offt hab ich ihn ſagen gehoͤrt ohne Arzt ſtirbt man leicht und ſchnell. Mit einem Arzt ſtirbt man taͤglich. Wer bis in ſeinen letzten Augenblick lebt, wer beharret bis ans Ende ſtirbt nicht — er wird lebendig gen Himmel geholt und dies alles kann man nur ohne Arzt. Dies und noch mehr ſagt’ er ſehr oft, allein jezt blieben dieſe ſchoͤnen Spruͤ- che weg, er ſchrieb an den Docktor Saft, der ſechs Meilen von meinem Puls entfernt war, und macht’ ein Geſicht als ein Refe- rent, der von ſeiner Meinung durch die Mehrheit abgeſtimmt iſt. Die Antwort des Docktor Saft traf ihm das Herz. Er war nicht mehr. Er beſtaͤ- tigte

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/133>, abgerufen am 14.10.2024.