Hilscher, Paul Christian: Nachricht von der aus ihrem Grabe wieder auferstandenen Goldschmids-Frau in Dreßden. Dresden, 1723.Beantwortung. Leute ohne dem genung in der Welt, undwürde darum dieselbige nicht aussterben, ob man einen, oder den andern, der sich etwan bey gegebener Frist wiederum hät- te erholen mögen, unter die Todten mit hinschaffe. Das ist eine recht leichtfertige Rede. Denn da wir nicht zu Herren über unsers Nechsten sein Leben, sondern zu Erhal- tern dessen/ von GOtt gesetzt sind, geziemet es uns auch nicht so freventlich damit umzuge- hen. Und gewiß, wer sich eine solche Ein- bildung macht, dem dürffte man kühnlich zu- trauen, daß er auch kein Bedencken tragen würde einen auf andere Weise hinzurichten. Man solte ihn aber fragen: Ober wol darum es andern zu gute halten würde, wenn er wissen solte wie sie mit ihm dermaleins aus eben der Ursache, daß man seiner in der Welt nicht sonderlich vermissen würde, zum Grabe eilte, ehe er noch gestorben wäre, und ihn also le- bendig verscharrete? §. 11. Nachdem nun dargethan worden/ derum
Beantwortung. Leute ohne dem genung in der Welt, undwuͤrde darum dieſelbige nicht ausſterben, ob man einen, oder den andern, der ſich etwan bey gegebener Friſt wiederum haͤt- te erholen moͤgen, unter die Todten mit hinſchaffe. Das iſt eine recht leichtfertige Rede. Denn da wir nicht zu Herren uͤber unſers Nechſten ſein Leben, ſondern zu Erhal- tern deſſen/ von GOtt geſetzt ſind, geziemet es uns auch nicht ſo freventlich damit umzuge- hen. Und gewiß, wer ſich eine ſolche Ein- bildung macht, dem duͤrffte man kuͤhnlich zu- trauen, daß er auch kein Bedencken tragen wuͤrde einen auf andere Weiſe hinzurichten. Man ſolte ihn aber fragen: Ober wol darum es andern zu gute halten wuͤrde, wenn er wiſſen ſolte wie ſie mit ihm dermaleins aus eben der Urſache, daß man ſeiner in der Welt nicht ſonderlich vermiſſen wuͤrde, zum Grabe eilte, ehe er noch geſtorben waͤre, und ihn alſo le- bendig verſcharrete? §. 11. Nachdem nun dargethan worden/ derum
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Beantwortung.
Leute ohne dem genung in der Welt, und
wuͤrde darum dieſelbige nicht ausſterben,
ob man einen, oder den andern, der ſich
etwan bey gegebener Friſt wiederum haͤt-
te erholen moͤgen, unter die Todten mit
hinſchaffe. Das iſt eine recht leichtfertige
Rede. Denn da wir nicht zu Herren uͤber
unſers Nechſten ſein Leben, ſondern zu Erhal-
tern deſſen/ von GOtt geſetzt ſind, geziemet es
uns auch nicht ſo freventlich damit umzuge-
hen. Und gewiß, wer ſich eine ſolche Ein-
bildung macht, dem duͤrffte man kuͤhnlich zu-
trauen, daß er auch kein Bedencken tragen
wuͤrde einen auf andere Weiſe hinzurichten.
Man ſolte ihn aber fragen: Ober wol darum
es andern zu gute halten wuͤrde, wenn er wiſſen
ſolte wie ſie mit ihm dermaleins aus eben der
Urſache, daß man ſeiner in der Welt nicht
ſonderlich vermiſſen wuͤrde, zum Grabe eilte,
ehe er noch geſtorben waͤre, und ihn alſo le-
bendig verſcharrete?
§. 11. Nachdem nun dargethan worden/
wie es zwar nichts neues, aber doch etwas recht
ſuͤndliches/ und gar nicht zu entſchuldigendes
ſey daß man iezuweilen diejenigen, als Leichen,
dahin trage, welche doch zur Leiche noch nicht
worden ſind, ſondern bey gegebener Friſt wie-
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Zitationshilfe: | Hilscher, Paul Christian: Nachricht von der aus ihrem Grabe wieder auferstandenen Goldschmids-Frau in Dreßden. Dresden, 1723, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hilscher_nachricht_1723/24>, abgerufen am 27.07.2024. |