Heyse, Paul; Kurz, Hermann: Einleitung. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. V–XXIV. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.wenn nicht unter dem werthlosen Haufen hie und da eine Perle hervorglänzte, die ein besseres Loos verdiente. Andere, die nie zu Namen gekommen sind, aus einer Laune ihres Talents oder jener Göttin, die über den Schicksalen der Bücher waltet, hätten gerechten Anspruch darauf, daß die Unbill der Zeitgenossen ihnen vergütet werde. Dann die nicht seltenen Fälle, daß Lyriker oder Dramatiker, von einem bedeutenden Motiv angeregt, sich auch einmal in der Novelle versucht und Eigenthümliches geleistet haben, das im Schatten ihrer berühmteren Werke als gelegentlicher Nebenschößling unbeachtet blieb. Wir erwähnen statt anderer Beispiele hier nur jener feinempfundenen und ergreifend dargestellten Novelle Grillparzer's, "der arme Spielmann", die seit ihrem Erscheinen in dem Taschenbuch "Iris" von 1848 nie wieder gedruckt und außerhalb Oesterreichs so gut wie unbekannt geblieben ist. Und nun die Menge der Dilettanten beiderlei Geschlechts, die gerade die Novelle zum Tummelplatz ihrer "Versuche und Hindernisse" zu machen pflegen! Ihrer haben Kritik und Literaturgeschichte nicht Acht, und ihre Namen und Werke verschwinden meist spurlos in den Spalten illustrierter Blätter und Familienjournale. Und doch taucht auch in diesen Kreisen hin und wieder ein Talent auf, dem zu guter Stunde ein glücklicher Griff gelingt, ein Stoff in die Hände kommt, der an sich schon dankbar genug ist, um auch von wenn nicht unter dem werthlosen Haufen hie und da eine Perle hervorglänzte, die ein besseres Loos verdiente. Andere, die nie zu Namen gekommen sind, aus einer Laune ihres Talents oder jener Göttin, die über den Schicksalen der Bücher waltet, hätten gerechten Anspruch darauf, daß die Unbill der Zeitgenossen ihnen vergütet werde. Dann die nicht seltenen Fälle, daß Lyriker oder Dramatiker, von einem bedeutenden Motiv angeregt, sich auch einmal in der Novelle versucht und Eigenthümliches geleistet haben, das im Schatten ihrer berühmteren Werke als gelegentlicher Nebenschößling unbeachtet blieb. Wir erwähnen statt anderer Beispiele hier nur jener feinempfundenen und ergreifend dargestellten Novelle Grillparzer's, „der arme Spielmann“, die seit ihrem Erscheinen in dem Taschenbuch „Iris“ von 1848 nie wieder gedruckt und außerhalb Oesterreichs so gut wie unbekannt geblieben ist. Und nun die Menge der Dilettanten beiderlei Geschlechts, die gerade die Novelle zum Tummelplatz ihrer „Versuche und Hindernisse“ zu machen pflegen! Ihrer haben Kritik und Literaturgeschichte nicht Acht, und ihre Namen und Werke verschwinden meist spurlos in den Spalten illustrierter Blätter und Familienjournale. Und doch taucht auch in diesen Kreisen hin und wieder ein Talent auf, dem zu guter Stunde ein glücklicher Griff gelingt, ein Stoff in die Hände kommt, der an sich schon dankbar genug ist, um auch von <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0021" n="XXI"/> wenn nicht unter dem werthlosen Haufen hie und da eine Perle hervorglänzte, die ein besseres Loos verdiente. Andere, die nie zu Namen gekommen sind, aus einer Laune ihres Talents oder jener Göttin, die über den Schicksalen der Bücher waltet, hätten gerechten Anspruch darauf, daß die Unbill der Zeitgenossen ihnen vergütet werde. Dann die nicht seltenen Fälle, daß Lyriker oder Dramatiker, von einem bedeutenden Motiv angeregt, sich auch einmal in der Novelle versucht und Eigenthümliches geleistet haben, das im Schatten ihrer berühmteren Werke als gelegentlicher Nebenschößling unbeachtet blieb. Wir erwähnen statt anderer Beispiele hier nur jener feinempfundenen und ergreifend dargestellten Novelle <hi rendition="#g">Grillparzer</hi>'s, „der arme Spielmann“, die seit ihrem Erscheinen in dem Taschenbuch „Iris“ von 1848 nie wieder gedruckt und außerhalb Oesterreichs so gut wie unbekannt geblieben ist. Und nun die Menge der Dilettanten beiderlei Geschlechts, die gerade die Novelle zum Tummelplatz ihrer „Versuche und Hindernisse“ zu machen pflegen! Ihrer haben Kritik und Literaturgeschichte nicht Acht, und ihre Namen und Werke verschwinden meist spurlos in den Spalten illustrierter Blätter und Familienjournale. Und doch taucht auch in diesen Kreisen hin und wieder ein Talent auf, dem zu guter Stunde ein glücklicher Griff gelingt, ein Stoff in die Hände kommt, der an sich schon dankbar genug ist, um auch von<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [XXI/0021]
wenn nicht unter dem werthlosen Haufen hie und da eine Perle hervorglänzte, die ein besseres Loos verdiente. Andere, die nie zu Namen gekommen sind, aus einer Laune ihres Talents oder jener Göttin, die über den Schicksalen der Bücher waltet, hätten gerechten Anspruch darauf, daß die Unbill der Zeitgenossen ihnen vergütet werde. Dann die nicht seltenen Fälle, daß Lyriker oder Dramatiker, von einem bedeutenden Motiv angeregt, sich auch einmal in der Novelle versucht und Eigenthümliches geleistet haben, das im Schatten ihrer berühmteren Werke als gelegentlicher Nebenschößling unbeachtet blieb. Wir erwähnen statt anderer Beispiele hier nur jener feinempfundenen und ergreifend dargestellten Novelle Grillparzer's, „der arme Spielmann“, die seit ihrem Erscheinen in dem Taschenbuch „Iris“ von 1848 nie wieder gedruckt und außerhalb Oesterreichs so gut wie unbekannt geblieben ist. Und nun die Menge der Dilettanten beiderlei Geschlechts, die gerade die Novelle zum Tummelplatz ihrer „Versuche und Hindernisse“ zu machen pflegen! Ihrer haben Kritik und Literaturgeschichte nicht Acht, und ihre Namen und Werke verschwinden meist spurlos in den Spalten illustrierter Blätter und Familienjournale. Und doch taucht auch in diesen Kreisen hin und wieder ein Talent auf, dem zu guter Stunde ein glücklicher Griff gelingt, ein Stoff in die Hände kommt, der an sich schon dankbar genug ist, um auch von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T10:24:04Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T10:24:04Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |