Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.Er hielt ihr die Hand hin, aber sie sah es nicht Eine Stunde nachdem das Ehepaar so in Freund¬ Der Filz! brummte er; und er hatte noch Lappen Er hielt ihr die Hand hin, aber ſie ſah es nicht Eine Stunde nachdem das Ehepaar ſo in Freund¬ Der Filz! brummte er; und er hatte noch Lappen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0088" n="76"/> <p>Er hielt ihr die Hand hin, aber ſie ſah es nicht<lb/> vor Thränen. Auch war ihm nicht darum zu thun,<lb/> länger abzuwarten, ob ſie ſich betragen würde wie<lb/> er's den ordentlichen Frauen nachgeſagt hatte. Er<lb/> wandte ſich raſch zur Thür und verſchwand im Hauſe.</p><lb/> <p>Eine Stunde nachdem das Ehepaar ſo in Freund¬<lb/> ſchaft geſchieden war, that ſich die Thür eines ſtatt¬<lb/> lichen Hauſes auf, in dem der reiche Rathsherr,<lb/> Adam's Oheim, wohnte, und Adam trat eilig heraus<lb/> in heftiger Aufregung. Er entfernte ſich, ohne des<lb/> Weges zu achten, und dann und wann brachen einige<lb/> Sätze ſeines innerlichen Selbſtgeſpräches hervor, wäh¬<lb/> rend er die Fauſt ballte oder in ſeinen langen rund¬<lb/> geſchnittenen Haaren wühlte.</p><lb/> <p>Der Filz! brummte er; und er hatte noch Lappen<lb/> von Tugenden, um die Blöße ſeines Geizes damit<lb/> zu bedecken! Was geht es ihn an, wenn ich mich<lb/> mit meiner Frau friedlich auseinanderſetze? Mag <hi rendition="#g">er</hi><lb/> ſie doch nehmen, wenn es nicht ſchade wäre um die<lb/> ſchöne junge Creatur! Freilich, ob ich hier verſaure<lb/> oder nicht, das iſt ſeinem Beutel nicht unbequem.<lb/> Aber herumfahren und die Welt ſehn und Wiſſen¬<lb/> ſchaft ſammeln, das thut dem Junker Beutel weh.<lb/> — Pah! Weil er mir das Häuschen überlaſſen hat<lb/> und die Wirthſchaft eingerichtet, darum ſoll ich feſt¬<lb/> frieren in Arras und mit den andern Lumpen von<lb/> Versmachern zuſammenhocken und mein Licht unter<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [76/0088]
Er hielt ihr die Hand hin, aber ſie ſah es nicht
vor Thränen. Auch war ihm nicht darum zu thun,
länger abzuwarten, ob ſie ſich betragen würde wie
er's den ordentlichen Frauen nachgeſagt hatte. Er
wandte ſich raſch zur Thür und verſchwand im Hauſe.
Eine Stunde nachdem das Ehepaar ſo in Freund¬
ſchaft geſchieden war, that ſich die Thür eines ſtatt¬
lichen Hauſes auf, in dem der reiche Rathsherr,
Adam's Oheim, wohnte, und Adam trat eilig heraus
in heftiger Aufregung. Er entfernte ſich, ohne des
Weges zu achten, und dann und wann brachen einige
Sätze ſeines innerlichen Selbſtgeſpräches hervor, wäh¬
rend er die Fauſt ballte oder in ſeinen langen rund¬
geſchnittenen Haaren wühlte.
Der Filz! brummte er; und er hatte noch Lappen
von Tugenden, um die Blöße ſeines Geizes damit
zu bedecken! Was geht es ihn an, wenn ich mich
mit meiner Frau friedlich auseinanderſetze? Mag er
ſie doch nehmen, wenn es nicht ſchade wäre um die
ſchöne junge Creatur! Freilich, ob ich hier verſaure
oder nicht, das iſt ſeinem Beutel nicht unbequem.
Aber herumfahren und die Welt ſehn und Wiſſen¬
ſchaft ſammeln, das thut dem Junker Beutel weh.
— Pah! Weil er mir das Häuschen überlaſſen hat
und die Wirthſchaft eingerichtet, darum ſoll ich feſt¬
frieren in Arras und mit den andern Lumpen von
Versmachern zuſammenhocken und mein Licht unter
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