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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

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oder verschenkt. Ich sollte Euch lieben, wie ihn. Ich
kann nicht, sagt' ich ihm, und in mir verschwor
ich's, und er sah wohl, daß ich Ernst daraus mache.
Da wollt' er mich überlisten und brachte mich in den
Kahn hinunter und lief dann zu Euch, zu sagen,
ich sei drunten und Ihr solltet mich holen. Aber
Ihr sollt mich nicht haben, und wenn Ihr tausend¬
mal sein Freund seid und er mich tausendmal mor¬
den will, wenn ich seinen Willen nicht thue. Geht!
Ich finde schon meinen Weg nach dem Gebirge zurück,
und Ihr könnt ihm sagen -- was Ihr wollt, und
-- gute Nacht!

Sie wandte sich. Kaum hatte Theodor Zeit, aus
der Bestürzung sich aufzuraffen und ihr nachzueilen.
Er ergriff sie bei der Hand. Caterina, sagte er,
wenn ich dir schwöre, daß du bei mir sein sollst,
wie eine Schwester, daß ich dich deinem Carlo
wiedergeben will, wie du von ihm gegangen -- du
kannst dich nicht weigern, mir in mein Haus zu
folgen!

Das wolltet Ihr? Das könntet Ihr? fragte sie
stillestehend und ungläubig. Es ist unmöglich, Ihr
kennt ihn nicht; ihn ändert Keiner.

Vertraue! sagte er. Die Hoffnung, die ihr zu
lieblich zusprach, kam ihm zu Hülfe. Sie machte sich
sanft los und ging neben ihm ins Haus hinauf.

oder verſchenkt. Ich ſollte Euch lieben, wie ihn. Ich
kann nicht, ſagt' ich ihm, und in mir verſchwor
ich's, und er ſah wohl, daß ich Ernſt daraus mache.
Da wollt' er mich überliſten und brachte mich in den
Kahn hinunter und lief dann zu Euch, zu ſagen,
ich ſei drunten und Ihr ſolltet mich holen. Aber
Ihr ſollt mich nicht haben, und wenn Ihr tauſend¬
mal ſein Freund ſeid und er mich tauſendmal mor¬
den will, wenn ich ſeinen Willen nicht thue. Geht!
Ich finde ſchon meinen Weg nach dem Gebirge zurück,
und Ihr könnt ihm ſagen — was Ihr wollt, und
— gute Nacht!

Sie wandte ſich. Kaum hatte Theodor Zeit, aus
der Beſtürzung ſich aufzuraffen und ihr nachzueilen.
Er ergriff ſie bei der Hand. Caterina, ſagte er,
wenn ich dir ſchwöre, daß du bei mir ſein ſollſt,
wie eine Schweſter, daß ich dich deinem Carlo
wiedergeben will, wie du von ihm gegangen — du
kannſt dich nicht weigern, mir in mein Haus zu
folgen!

Das wolltet Ihr? Das könntet Ihr? fragte ſie
ſtilleſtehend und ungläubig. Es iſt unmöglich, Ihr
kennt ihn nicht; ihn ändert Keiner.

Vertraue! ſagte er. Die Hoffnung, die ihr zu
lieblich zuſprach, kam ihm zu Hülfe. Sie machte ſich
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[214/0226] oder verſchenkt. Ich ſollte Euch lieben, wie ihn. Ich kann nicht, ſagt' ich ihm, und in mir verſchwor ich's, und er ſah wohl, daß ich Ernſt daraus mache. Da wollt' er mich überliſten und brachte mich in den Kahn hinunter und lief dann zu Euch, zu ſagen, ich ſei drunten und Ihr ſolltet mich holen. Aber Ihr ſollt mich nicht haben, und wenn Ihr tauſend¬ mal ſein Freund ſeid und er mich tauſendmal mor¬ den will, wenn ich ſeinen Willen nicht thue. Geht! Ich finde ſchon meinen Weg nach dem Gebirge zurück, und Ihr könnt ihm ſagen — was Ihr wollt, und — gute Nacht! Sie wandte ſich. Kaum hatte Theodor Zeit, aus der Beſtürzung ſich aufzuraffen und ihr nachzueilen. Er ergriff ſie bei der Hand. Caterina, ſagte er, wenn ich dir ſchwöre, daß du bei mir ſein ſollſt, wie eine Schweſter, daß ich dich deinem Carlo wiedergeben will, wie du von ihm gegangen — du kannſt dich nicht weigern, mir in mein Haus zu folgen! Das wolltet Ihr? Das könntet Ihr? fragte ſie ſtilleſtehend und ungläubig. Es iſt unmöglich, Ihr kennt ihn nicht; ihn ändert Keiner. Vertraue! ſagte er. Die Hoffnung, die ihr zu lieblich zuſprach, kam ihm zu Hülfe. Sie machte ſich ſanft los und ging neben ihm ins Haus hinauf.

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/226>, abgerufen am 24.11.2024.