Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.Eine leidenschaftliche Röthe schlug in Bianchi's Er sagte ihm nicht, von wo er kam, nicht, daß Was wollt Ihr wissen? Der Ton dieser Frage, zweifelhaft, fast argwöh¬ Eine leidenſchaftliche Röthe ſchlug in Bianchi's Er ſagte ihm nicht, von wo er kam, nicht, daß Was wollt Ihr wiſſen? Der Ton dieſer Frage, zweifelhaft, faſt argwöh¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0167" n="155"/> <p>Eine leidenſchaftliche Röthe ſchlug in Bianchi's<lb/> erloſchnen Wangen auf, als er Theodors Schritt<lb/> draußen vernahm. Er richtete ſich auf und ſah ihm<lb/> feſt und voll entgegen, da er eintrat, größer und<lb/> männlicher, als er ihm geſtern erſchienen. Theodor<lb/> näherte ſich dem Kranken und ſagte: Ihr ſeid erholt,<lb/> Bianchi, und der Arzt iſt zufrieden. Haltet Euch<lb/> ruhig, ich bitt' Euch. Mich laßt ein wenig auf und<lb/> ab gehn; meine Gedanken ſind noch in Tumult und<lb/> meine Sinne wollen ſich treiben.</p><lb/> <p>Er ſagte ihm nicht, von wo er kam, nicht, daß<lb/> er vor wenigen Stunden ſein Schickſal an ein Weib<lb/> gebunden hatte. Aber es lag eine Glorie um ihn,<lb/> von der Bianchi die Augen nicht abwenden konnte.<lb/> Er hatte den Hut abgelegt und den Mantel über die<lb/> eine Schulter geſchlagen. Der Kopf ſtand frei auf<lb/> der breiten Bruſt, die kurzen krauſen Haare ein wenig<lb/> geſträubt, die Stirn ausgearbeitet und edel. So den<lb/> Blick nach innen gewendet, die Arme überm Mantel<lb/> zuſammengelegt ſchien er faſt die Abſicht ſeines Be¬<lb/> ſuchs zu vergeſſen, ging auf und nieder, ſtieß mit<lb/> dem Fuß an die brennenden Scheiter und ſah ins<lb/> Feuer. Endlich wandte er ſich und ſagte: Erzählt<lb/> mir von Euch, Bianchi!</p><lb/> <p>Was wollt Ihr wiſſen?</p><lb/> <p>Der Ton dieſer Frage, zweifelhaft, faſt argwöh¬<lb/> niſch, und doch ergeben und willfährig, berührte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [155/0167]
Eine leidenſchaftliche Röthe ſchlug in Bianchi's
erloſchnen Wangen auf, als er Theodors Schritt
draußen vernahm. Er richtete ſich auf und ſah ihm
feſt und voll entgegen, da er eintrat, größer und
männlicher, als er ihm geſtern erſchienen. Theodor
näherte ſich dem Kranken und ſagte: Ihr ſeid erholt,
Bianchi, und der Arzt iſt zufrieden. Haltet Euch
ruhig, ich bitt' Euch. Mich laßt ein wenig auf und
ab gehn; meine Gedanken ſind noch in Tumult und
meine Sinne wollen ſich treiben.
Er ſagte ihm nicht, von wo er kam, nicht, daß
er vor wenigen Stunden ſein Schickſal an ein Weib
gebunden hatte. Aber es lag eine Glorie um ihn,
von der Bianchi die Augen nicht abwenden konnte.
Er hatte den Hut abgelegt und den Mantel über die
eine Schulter geſchlagen. Der Kopf ſtand frei auf
der breiten Bruſt, die kurzen krauſen Haare ein wenig
geſträubt, die Stirn ausgearbeitet und edel. So den
Blick nach innen gewendet, die Arme überm Mantel
zuſammengelegt ſchien er faſt die Abſicht ſeines Be¬
ſuchs zu vergeſſen, ging auf und nieder, ſtieß mit
dem Fuß an die brennenden Scheiter und ſah ins
Feuer. Endlich wandte er ſich und ſagte: Erzählt
mir von Euch, Bianchi!
Was wollt Ihr wiſſen?
Der Ton dieſer Frage, zweifelhaft, faſt argwöh¬
niſch, und doch ergeben und willfährig, berührte
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