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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

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stehn und hinter dem Garten das verschneite Feld
liegt, lange nicht so schön wie dort drüben die Cam¬
pagna, und der Himmel darüber ganz in trüben Ne¬
beln versunken, während dieser Horizont, der so rein
ist, mich erquicken und erheitern könnte. Es ist den¬
noch die Fremde. Und so ein Fremdes mag wohl
auch zwischen den Menschen bleiben.

Sie hatten das Gespräch bisher englisch geführt.
Er fing plötzlich deutsch an, dessen sie völlig mächtig
war bis auf einen geringen Accent. Erlauben Sie
mir, sagte er, daß ich deutsch spreche. Sie haben
mir von Ihrem Heimweh mitgetheilt. Als Sie von
Ihrer winterlichen Stille erzählten, mußte ich an deut¬
sche Winter denken, die nun hinter mir liegen und
so nie wieder kommen werden. Ich hörte wieder den
leisen Ton, wenn die Raben durch die kahlen Zweige
strichen und die kleinen dürren Aeste brachen, daß
ein feines Schneewölkchen dem Fenster vorbei nieder¬
stäubte. Meine Mutter lag dort monatelang ans
Ruhebett gefesselt; sie konnte und wollte nicht mehr
in die unruhige Stadt. Der alte Landsitz hatte sonst
nur sommerliche Bewohner gesehn, fröhliche Jagden,
heitere Spaziergänger. Jetzt war er die Zuflucht im
Winter, wo die Mutter sich von ihren beschwerlichen
Badereisen erholte.

Sie waren dann bei ihr?

In den ersten Jahren nur immer auf Wochen.

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ſtehn und hinter dem Garten das verſchneite Feld
liegt, lange nicht ſo ſchön wie dort drüben die Cam¬
pagna, und der Himmel darüber ganz in trüben Ne¬
beln verſunken, während dieſer Horizont, der ſo rein
iſt, mich erquicken und erheitern könnte. Es iſt den¬
noch die Fremde. Und ſo ein Fremdes mag wohl
auch zwiſchen den Menſchen bleiben.

Sie hatten das Geſpräch bisher engliſch geführt.
Er fing plötzlich deutſch an, deſſen ſie völlig mächtig
war bis auf einen geringen Accent. Erlauben Sie
mir, ſagte er, daß ich deutſch ſpreche. Sie haben
mir von Ihrem Heimweh mitgetheilt. Als Sie von
Ihrer winterlichen Stille erzählten, mußte ich an deut¬
ſche Winter denken, die nun hinter mir liegen und
ſo nie wieder kommen werden. Ich hörte wieder den
leiſen Ton, wenn die Raben durch die kahlen Zweige
ſtrichen und die kleinen dürren Aeſte brachen, daß
ein feines Schneewölkchen dem Fenſter vorbei nieder¬
ſtäubte. Meine Mutter lag dort monatelang ans
Ruhebett gefeſſelt; ſie konnte und wollte nicht mehr
in die unruhige Stadt. Der alte Landſitz hatte ſonſt
nur ſommerliche Bewohner geſehn, fröhliche Jagden,
heitere Spaziergänger. Jetzt war er die Zuflucht im
Winter, wo die Mutter ſich von ihren beſchwerlichen
Badereiſen erholte.

Sie waren dann bei ihr?

In den erſten Jahren nur immer auf Wochen.

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[145/0157] ſtehn und hinter dem Garten das verſchneite Feld liegt, lange nicht ſo ſchön wie dort drüben die Cam¬ pagna, und der Himmel darüber ganz in trüben Ne¬ beln verſunken, während dieſer Horizont, der ſo rein iſt, mich erquicken und erheitern könnte. Es iſt den¬ noch die Fremde. Und ſo ein Fremdes mag wohl auch zwiſchen den Menſchen bleiben. Sie hatten das Geſpräch bisher engliſch geführt. Er fing plötzlich deutſch an, deſſen ſie völlig mächtig war bis auf einen geringen Accent. Erlauben Sie mir, ſagte er, daß ich deutſch ſpreche. Sie haben mir von Ihrem Heimweh mitgetheilt. Als Sie von Ihrer winterlichen Stille erzählten, mußte ich an deut¬ ſche Winter denken, die nun hinter mir liegen und ſo nie wieder kommen werden. Ich hörte wieder den leiſen Ton, wenn die Raben durch die kahlen Zweige ſtrichen und die kleinen dürren Aeſte brachen, daß ein feines Schneewölkchen dem Fenſter vorbei nieder¬ ſtäubte. Meine Mutter lag dort monatelang ans Ruhebett gefeſſelt; ſie konnte und wollte nicht mehr in die unruhige Stadt. Der alte Landſitz hatte ſonſt nur ſommerliche Bewohner geſehn, fröhliche Jagden, heitere Spaziergänger. Jetzt war er die Zuflucht im Winter, wo die Mutter ſich von ihren beſchwerlichen Badereiſen erholte. Sie waren dann bei ihr? In den erſten Jahren nur immer auf Wochen. 10

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/157>, abgerufen am 19.12.2024.