Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.ich nicht denke, du erinnerst mich an das, was ich Er legte ihr das Tuch in den Korb und das Kreuz Maria Santissima! rief er, bist du krank? du Es ist nichts, sagte sie. Ich will heim! und Ich kann's nicht ertragen, schrie sie und preßte ich nicht denke, du erinnerſt mich an das, was ich Er legte ihr das Tuch in den Korb und das Kreuz Maria Santiſſima! rief er, biſt du krank? du Es iſt nichts, ſagte ſie. Ich will heim! und Ich kann's nicht ertragen, ſchrie ſie und preßte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0133" n="121"/> ich nicht denke, du erinnerſt mich an das, was ich<lb/> dir ſchuldig bin. Und nun gute Nacht, und laß es<lb/> das letzte ſein.</p><lb/> <p>Er legte ihr das Tuch in den Korb und das Kreuz<lb/> dazu und ſchloß den Deckel darauf. Als er dann<lb/> aufſah und ihr ins Geſicht, erſchrak er. Große ſchwere<lb/> Tropfen ſtürzten ihr über die Wangen. Sie ließ<lb/> ihnen ihren Lauf.</p><lb/> <p>Maria Santiſſima! rief er, biſt du krank? du<lb/> zitterſt von Kopf bis Fuß.</p><lb/> <p>Es iſt nichts, ſagte ſie. Ich will heim! und<lb/> wankte nach der Thür. Das Weinen übermannte<lb/> ſie, daß ſie die Stirn gegen den Pfoſten drückte und<lb/> nun laut und heftig ſchluchzte. Aber eh er ihr nach<lb/> konnte, um ſie zurückzuhalten, wandte ſie ſich plötzlich<lb/> um und ſtürzte ihm an den Hals.</p><lb/> <p>Ich <hi rendition="#g">kann's</hi> nicht ertragen, ſchrie ſie und preßte<lb/> ihn an ſich, wie ſich ein Sterbender ans Leben klam¬<lb/> mert, ich <hi rendition="#g">kann's</hi> nicht hören, daß du mir gute Worte<lb/> giebſt, und mich von dir gehen heißeſt mit all der<lb/> Schuld auf dem Gewiſſen. Schlage mich, tritt mich<lb/> mit Füßen, verwünſche mich! — oder, wenn es wahr<lb/> iſt, daß du mich lieb haſt, <hi rendition="#g">noch</hi>, nach all dem Bö¬<lb/> ſen, das ich dir gethan habe, da nimm mich und<lb/> behalte mich und mach mit mir was du willſt. Aber<lb/> ſchick mich nicht ſo fort von dir! — Neues heftiges<lb/> Schluchzen unterbrach ſie.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [121/0133]
ich nicht denke, du erinnerſt mich an das, was ich
dir ſchuldig bin. Und nun gute Nacht, und laß es
das letzte ſein.
Er legte ihr das Tuch in den Korb und das Kreuz
dazu und ſchloß den Deckel darauf. Als er dann
aufſah und ihr ins Geſicht, erſchrak er. Große ſchwere
Tropfen ſtürzten ihr über die Wangen. Sie ließ
ihnen ihren Lauf.
Maria Santiſſima! rief er, biſt du krank? du
zitterſt von Kopf bis Fuß.
Es iſt nichts, ſagte ſie. Ich will heim! und
wankte nach der Thür. Das Weinen übermannte
ſie, daß ſie die Stirn gegen den Pfoſten drückte und
nun laut und heftig ſchluchzte. Aber eh er ihr nach
konnte, um ſie zurückzuhalten, wandte ſie ſich plötzlich
um und ſtürzte ihm an den Hals.
Ich kann's nicht ertragen, ſchrie ſie und preßte
ihn an ſich, wie ſich ein Sterbender ans Leben klam¬
mert, ich kann's nicht hören, daß du mir gute Worte
giebſt, und mich von dir gehen heißeſt mit all der
Schuld auf dem Gewiſſen. Schlage mich, tritt mich
mit Füßen, verwünſche mich! — oder, wenn es wahr
iſt, daß du mich lieb haſt, noch, nach all dem Bö¬
ſen, das ich dir gethan habe, da nimm mich und
behalte mich und mach mit mir was du willſt. Aber
ſchick mich nicht ſo fort von dir! — Neues heftiges
Schluchzen unterbrach ſie.
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