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Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

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nur mit Noth ans Land gebracht habe. Sie werde
sich erinnern.

Nein, sagte die Frau.

Nun, sie solle an ihn denken, wenn sich's noch
vor Nacht verändere.

Sind viel Herrschaften drüben? fragte die Wir¬
thin nach einer Weile.

Es fängt eben an. Bisher hatten wir schlechte
Zeit. Die wegen der Bäder kommen, ließen auf
sich warten.

Das Frühjahr kam spät. Habt ihr mehr verdient,
als wir hier auf Capri?

Es hätte nicht ausgereicht, zweimal die Woche
Maccaroni zu essen, wenn ich bloß auf die Barke
angewiesen wäre. Dann und wann einen Brief nach
Neapel zu bringen, oder einen Signore aufs Meer
gerudert, der angeln wollte -- das war Alles. Aber
Ihr wißt, daß mein Onkel die großen Orangengärten
hat und ein reicher Mann ist. Tonino, sagt er, so
lang ich lebe, sollst du nicht Noth leiden, und her¬
nach wird auch für dich gesorgt werden. So hab'
ich den Winter mit Gottes Hülfe überstanden.

Hat er Kinder, Euer Onkel?

Nein. Er war nie verheirathet und lang außer
Landes, wo er denn manchen guten Piaster zusammen¬
gebracht hat. Nun hat er vor, eine große Fischerei
anzufangen und will mich über das ganze Wesen
setzen, daß ich nach dem Rechten sehe.

nur mit Noth ans Land gebracht habe. Sie werde
ſich erinnern.

Nein, ſagte die Frau.

Nun, ſie ſolle an ihn denken, wenn ſich's noch
vor Nacht verändere.

Sind viel Herrſchaften drüben? fragte die Wir¬
thin nach einer Weile.

Es fängt eben an. Bisher hatten wir ſchlechte
Zeit. Die wegen der Bäder kommen, ließen auf
ſich warten.

Das Frühjahr kam ſpät. Habt ihr mehr verdient,
als wir hier auf Capri?

Es hätte nicht ausgereicht, zweimal die Woche
Maccaroni zu eſſen, wenn ich bloß auf die Barke
angewieſen wäre. Dann und wann einen Brief nach
Neapel zu bringen, oder einen Signore aufs Meer
gerudert, der angeln wollte — das war Alles. Aber
Ihr wißt, daß mein Onkel die großen Orangengärten
hat und ein reicher Mann iſt. Tonino, ſagt er, ſo
lang ich lebe, ſollſt du nicht Noth leiden, und her¬
nach wird auch für dich geſorgt werden. So hab'
ich den Winter mit Gottes Hülfe überſtanden.

Hat er Kinder, Euer Onkel?

Nein. Er war nie verheirathet und lang außer
Landes, wo er denn manchen guten Piaſter zuſammen¬
gebracht hat. Nun hat er vor, eine große Fiſcherei
anzufangen und will mich über das ganze Weſen
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[105/0117] nur mit Noth ans Land gebracht habe. Sie werde ſich erinnern. Nein, ſagte die Frau. Nun, ſie ſolle an ihn denken, wenn ſich's noch vor Nacht verändere. Sind viel Herrſchaften drüben? fragte die Wir¬ thin nach einer Weile. Es fängt eben an. Bisher hatten wir ſchlechte Zeit. Die wegen der Bäder kommen, ließen auf ſich warten. Das Frühjahr kam ſpät. Habt ihr mehr verdient, als wir hier auf Capri? Es hätte nicht ausgereicht, zweimal die Woche Maccaroni zu eſſen, wenn ich bloß auf die Barke angewieſen wäre. Dann und wann einen Brief nach Neapel zu bringen, oder einen Signore aufs Meer gerudert, der angeln wollte — das war Alles. Aber Ihr wißt, daß mein Onkel die großen Orangengärten hat und ein reicher Mann iſt. Tonino, ſagt er, ſo lang ich lebe, ſollſt du nicht Noth leiden, und her¬ nach wird auch für dich geſorgt werden. So hab' ich den Winter mit Gottes Hülfe überſtanden. Hat er Kinder, Euer Onkel? Nein. Er war nie verheirathet und lang außer Landes, wo er denn manchen guten Piaſter zuſammen¬ gebracht hat. Nun hat er vor, eine große Fiſcherei anzufangen und will mich über das ganze Weſen ſetzen, daß ich nach dem Rechten ſehe.

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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/117>, abgerufen am 27.04.2024.