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Heymann, Lida Gustava: Frauenstimmrecht und Völkerverständigung. Leipzig, 1919 (= Nach dem Weltkrieg. Schriften zur Neuorientierung der auswärtigen Politik, Bd. 9).

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ihre Stellung zum Leben vernichtenden Kriege eine ganz andere
sein als die des Mannes. Der Krieg will zerstören, was sie ge-
schaffen hat, ihr Werk, die Fortsetzung ihres eigenen Jchs, der sie
mit jeder Faser ihres Seins bis zum Tode angehört; daraus er-
gibt sich für sie instinktive Auflehnung gegen alles, was Kriege
herbeiführen kann, und so werden die Frauen, nur weil sie Frauen
sind, zum stärksten Förderer des Pazifismus. Frauen aller Nationen,
nicht nur die leiblichen, sondern auch die geistigen Mütter, beseelt
das gleiche Empfinden, und dieses Empfinden stärkt in ihnen das
Gefühl der Zusammengehörigkeit in weit höherem Maße als bei
den Männern; das ist auch während des Verlaufes dieses Krieges
mit scharfer Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen. Weil es sich
aber um Vorgehen von Frauen handelte, die durch ihre politische
Rechtlosigkeit keinerlei Einfluß besaßen, blieben ihre Maßnahmen
nicht nur ohne praktischen Erfolg, sie wurden nicht einmal in der
breiten Oeffentlichkeit bekannt, weil die Presse an dem Unter-
nehmen einflußloser Menschen wiederum kein Jnteresse nahm.

Aller Blicke waren im Juli 1917 nach Stockholm gerichtet. Die
Angehörigen aller Nationen, alt und jung, reich und arm, verfolgten
mit dem größten Jnteresse, mit der größten Anteilnahme die Ver-
handlungen der Sozialdemokraten der verschiedenen Länder, die
versuchten unter Geburtswehen, wie sie kaum je zuvor einer inter-
nationalen Veranstaltung beschieden waren, eine Konferenz zur
Anbahnung von Friedensverhandlungen zustande zu bringen.

Wer aber hat eine Ahnung davon, daß das, was die
Sozialisten vieler Länder anstrebten, von den Frauen im ersten
Kriegsjahr längst verwirklicht worden ist? Jm Februar 1915 kamen
belgische, deutsche, englische und holländische Frauen in Amsterdam
zusammen und erledigten im Vergleich zu den Schwierigkeiten, die
wir später in Stockholm sich auftürmen sahen, mit leichter Selbst-
verständlichkeit die Vorarbeiten zu einem internationalen Frauen-
kongreß, der im April desselben Jahres unter Beteiligung von
14 Nationen im Haag in großer breiter Oeffentlichkeit stattfand.
Die Frage, ob Frauen der kriegführenden Länder persönlich mit-

ihre Stellung zum Leben vernichtenden Kriege eine ganz andere
sein als die des Mannes. Der Krieg will zerstören, was sie ge-
schaffen hat, ihr Werk, die Fortsetzung ihres eigenen Jchs, der sie
mit jeder Faser ihres Seins bis zum Tode angehört; daraus er-
gibt sich für sie instinktive Auflehnung gegen alles, was Kriege
herbeiführen kann, und so werden die Frauen, nur weil sie Frauen
sind, zum stärksten Förderer des Pazifismus. Frauen aller Nationen,
nicht nur die leiblichen, sondern auch die geistigen Mütter, beseelt
das gleiche Empfinden, und dieses Empfinden stärkt in ihnen das
Gefühl der Zusammengehörigkeit in weit höherem Maße als bei
den Männern; das ist auch während des Verlaufes dieses Krieges
mit scharfer Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen. Weil es sich
aber um Vorgehen von Frauen handelte, die durch ihre politische
Rechtlosigkeit keinerlei Einfluß besaßen, blieben ihre Maßnahmen
nicht nur ohne praktischen Erfolg, sie wurden nicht einmal in der
breiten Oeffentlichkeit bekannt, weil die Presse an dem Unter-
nehmen einflußloser Menschen wiederum kein Jnteresse nahm.

Aller Blicke waren im Juli 1917 nach Stockholm gerichtet. Die
Angehörigen aller Nationen, alt und jung, reich und arm, verfolgten
mit dem größten Jnteresse, mit der größten Anteilnahme die Ver-
handlungen der Sozialdemokraten der verschiedenen Länder, die
versuchten unter Geburtswehen, wie sie kaum je zuvor einer inter-
nationalen Veranstaltung beschieden waren, eine Konferenz zur
Anbahnung von Friedensverhandlungen zustande zu bringen.

Wer aber hat eine Ahnung davon, daß das, was die
Sozialisten vieler Länder anstrebten, von den Frauen im ersten
Kriegsjahr längst verwirklicht worden ist? Jm Februar 1915 kamen
belgische, deutsche, englische und holländische Frauen in Amsterdam
zusammen und erledigten im Vergleich zu den Schwierigkeiten, die
wir später in Stockholm sich auftürmen sahen, mit leichter Selbst-
verständlichkeit die Vorarbeiten zu einem internationalen Frauen-
kongreß, der im April desselben Jahres unter Beteiligung von
14 Nationen im Haag in großer breiter Oeffentlichkeit stattfand.
Die Frage, ob Frauen der kriegführenden Länder persönlich mit-

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[7/0006] ihre Stellung zum Leben vernichtenden Kriege eine ganz andere sein als die des Mannes. Der Krieg will zerstören, was sie ge- schaffen hat, ihr Werk, die Fortsetzung ihres eigenen Jchs, der sie mit jeder Faser ihres Seins bis zum Tode angehört; daraus er- gibt sich für sie instinktive Auflehnung gegen alles, was Kriege herbeiführen kann, und so werden die Frauen, nur weil sie Frauen sind, zum stärksten Förderer des Pazifismus. Frauen aller Nationen, nicht nur die leiblichen, sondern auch die geistigen Mütter, beseelt das gleiche Empfinden, und dieses Empfinden stärkt in ihnen das Gefühl der Zusammengehörigkeit in weit höherem Maße als bei den Männern; das ist auch während des Verlaufes dieses Krieges mit scharfer Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen. Weil es sich aber um Vorgehen von Frauen handelte, die durch ihre politische Rechtlosigkeit keinerlei Einfluß besaßen, blieben ihre Maßnahmen nicht nur ohne praktischen Erfolg, sie wurden nicht einmal in der breiten Oeffentlichkeit bekannt, weil die Presse an dem Unter- nehmen einflußloser Menschen wiederum kein Jnteresse nahm. Aller Blicke waren im Juli 1917 nach Stockholm gerichtet. Die Angehörigen aller Nationen, alt und jung, reich und arm, verfolgten mit dem größten Jnteresse, mit der größten Anteilnahme die Ver- handlungen der Sozialdemokraten der verschiedenen Länder, die versuchten unter Geburtswehen, wie sie kaum je zuvor einer inter- nationalen Veranstaltung beschieden waren, eine Konferenz zur Anbahnung von Friedensverhandlungen zustande zu bringen. Wer aber hat eine Ahnung davon, daß das, was die Sozialisten vieler Länder anstrebten, von den Frauen im ersten Kriegsjahr längst verwirklicht worden ist? Jm Februar 1915 kamen belgische, deutsche, englische und holländische Frauen in Amsterdam zusammen und erledigten im Vergleich zu den Schwierigkeiten, die wir später in Stockholm sich auftürmen sahen, mit leichter Selbst- verständlichkeit die Vorarbeiten zu einem internationalen Frauen- kongreß, der im April desselben Jahres unter Beteiligung von 14 Nationen im Haag in großer breiter Oeffentlichkeit stattfand. Die Frage, ob Frauen der kriegführenden Länder persönlich mit-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-10-19T08:47:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-10-19T08:47:15Z)

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Zitationshilfe: Heymann, Lida Gustava: Frauenstimmrecht und Völkerverständigung. Leipzig, 1919 (= Nach dem Weltkrieg. Schriften zur Neuorientierung der auswärtigen Politik, Bd. 9), S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heymann_voelkerverstaendigung_1919/6>, abgerufen am 22.11.2024.