Heyking, Elisabeth von: Zwei Erzählungen. Leipzig, [1918].noch leeren dunklen Straßen hallte der Hufschlag nahender Pferde auf dem feuchten Pflaster, lange ehe etwas von ihnen zu sehen war. Plötzlich tauchte gespensterhaft der graue Zug auf, schon dicht an dem Gasthaus. Drunten in der Haustür standen schon wartend die Verwandten der Ausrückenden. Die schlossen sich nun dem Zuge an. Da waren Mütter, die, neben dem Pferde schreitend, ihres Sohnes Hand hielten, Väter, Schwestern, die Körbe voll Eßwaren, Päckchen letzter Erinnerungsgaben trugen. Großmama wollte auch so neben dem Enkel mitgehen, hatte sich aber doch, auf Zureden aller Bekannten, bequemen müssen, in einem Wagen zu folgen. Auf dem Bahnhof dann, in dem sich senkenden Nebel, ein Gewühl von Pferden und grauen Gestalten, das zuerst unentwirrbar schien und sich dann doch rasch ordnete. Je sechs Mann und sechs Pferde in jeden der bekränzten Waggons. Die Pferde zu drei und drei an den beiden Schmalseiten stehend, mit den Köpfen nach der Mitte, wo Reiter, Sättel, Satteltaschen und Eßkörbe verstaut waren. Mit fünf Freunden von der Prima, gleich ihm als Fahnenjunker eingetreten, war der jüngste Enkel untergebracht. An der offenen Schiebetür stand er, und Großmama steckte ihm Rosen an, wie es alle Mütter taten. "Keine Bange, Großmama," sagte er, "wir werden's schon schaffen." Großmama aber bangte gar nicht gerade darum. Doch nun kam der zurückbleibende Wachtmeister, der die ausrückende Ersatzschwadron, unter viel Schimpfen und Fluchen, in den wenigen Wochen mühsam ausgebildet hatte, noch einmal noch leeren dunklen Straßen hallte der Hufschlag nahender Pferde auf dem feuchten Pflaster, lange ehe etwas von ihnen zu sehen war. Plötzlich tauchte gespensterhaft der graue Zug auf, schon dicht an dem Gasthaus. Drunten in der Haustür standen schon wartend die Verwandten der Ausrückenden. Die schlossen sich nun dem Zuge an. Da waren Mütter, die, neben dem Pferde schreitend, ihres Sohnes Hand hielten, Väter, Schwestern, die Körbe voll Eßwaren, Päckchen letzter Erinnerungsgaben trugen. Großmama wollte auch so neben dem Enkel mitgehen, hatte sich aber doch, auf Zureden aller Bekannten, bequemen müssen, in einem Wagen zu folgen. Auf dem Bahnhof dann, in dem sich senkenden Nebel, ein Gewühl von Pferden und grauen Gestalten, das zuerst unentwirrbar schien und sich dann doch rasch ordnete. Je sechs Mann und sechs Pferde in jeden der bekränzten Waggons. Die Pferde zu drei und drei an den beiden Schmalseiten stehend, mit den Köpfen nach der Mitte, wo Reiter, Sättel, Satteltaschen und Eßkörbe verstaut waren. Mit fünf Freunden von der Prima, gleich ihm als Fahnenjunker eingetreten, war der jüngste Enkel untergebracht. An der offenen Schiebetür stand er, und Großmama steckte ihm Rosen an, wie es alle Mütter taten. „Keine Bange, Großmama,“ sagte er, „wir werden’s schon schaffen.“ Großmama aber bangte gar nicht gerade darum. Doch nun kam der zurückbleibende Wachtmeister, der die ausrückende Ersatzschwadron, unter viel Schimpfen und Fluchen, in den wenigen Wochen mühsam ausgebildet hatte, noch einmal <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0037" n="35"/> noch leeren dunklen Straßen hallte der Hufschlag nahender Pferde auf dem feuchten Pflaster, lange ehe etwas von ihnen zu sehen war. Plötzlich tauchte gespensterhaft der graue Zug auf, schon dicht an dem Gasthaus. Drunten in der Haustür standen schon wartend die Verwandten der Ausrückenden. Die schlossen sich nun dem Zuge an. Da waren Mütter, die, neben dem Pferde schreitend, ihres Sohnes Hand hielten, Väter, Schwestern, die Körbe voll Eßwaren, Päckchen letzter Erinnerungsgaben trugen. Großmama wollte auch so neben dem Enkel mitgehen, hatte sich aber doch, auf Zureden aller Bekannten, bequemen müssen, in einem Wagen zu folgen.</p> <p>Auf dem Bahnhof dann, in dem sich senkenden Nebel, ein Gewühl von Pferden und grauen Gestalten, das zuerst unentwirrbar schien und sich dann doch rasch ordnete. Je sechs Mann und sechs Pferde in jeden der bekränzten Waggons. Die Pferde zu drei und drei an den beiden Schmalseiten stehend, mit den Köpfen nach der Mitte, wo Reiter, Sättel, Satteltaschen und Eßkörbe verstaut waren. Mit fünf Freunden von der Prima, gleich ihm als Fahnenjunker eingetreten, war der jüngste Enkel untergebracht. An der offenen Schiebetür stand er, und Großmama steckte ihm Rosen an, wie es alle Mütter taten. „Keine Bange, Großmama,“ sagte er, „wir werden’s schon schaffen.“ Großmama aber bangte gar nicht gerade darum. Doch nun kam der zurückbleibende Wachtmeister, der die ausrückende Ersatzschwadron, unter viel Schimpfen und Fluchen, in den wenigen Wochen mühsam ausgebildet hatte, noch einmal </p> </div> </body> </text> </TEI> [35/0037]
noch leeren dunklen Straßen hallte der Hufschlag nahender Pferde auf dem feuchten Pflaster, lange ehe etwas von ihnen zu sehen war. Plötzlich tauchte gespensterhaft der graue Zug auf, schon dicht an dem Gasthaus. Drunten in der Haustür standen schon wartend die Verwandten der Ausrückenden. Die schlossen sich nun dem Zuge an. Da waren Mütter, die, neben dem Pferde schreitend, ihres Sohnes Hand hielten, Väter, Schwestern, die Körbe voll Eßwaren, Päckchen letzter Erinnerungsgaben trugen. Großmama wollte auch so neben dem Enkel mitgehen, hatte sich aber doch, auf Zureden aller Bekannten, bequemen müssen, in einem Wagen zu folgen.
Auf dem Bahnhof dann, in dem sich senkenden Nebel, ein Gewühl von Pferden und grauen Gestalten, das zuerst unentwirrbar schien und sich dann doch rasch ordnete. Je sechs Mann und sechs Pferde in jeden der bekränzten Waggons. Die Pferde zu drei und drei an den beiden Schmalseiten stehend, mit den Köpfen nach der Mitte, wo Reiter, Sättel, Satteltaschen und Eßkörbe verstaut waren. Mit fünf Freunden von der Prima, gleich ihm als Fahnenjunker eingetreten, war der jüngste Enkel untergebracht. An der offenen Schiebetür stand er, und Großmama steckte ihm Rosen an, wie es alle Mütter taten. „Keine Bange, Großmama,“ sagte er, „wir werden’s schon schaffen.“ Großmama aber bangte gar nicht gerade darum. Doch nun kam der zurückbleibende Wachtmeister, der die ausrückende Ersatzschwadron, unter viel Schimpfen und Fluchen, in den wenigen Wochen mühsam ausgebildet hatte, noch einmal
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-01-15T09:32:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-15T09:32:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-15T09:32:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |