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Heyden, Friedrich von: Der graue John. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–231. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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die Angabe ihrer Namen und ihrer Wohnung vollkommen genüge.

Die Bekanntmachung war darauf wirklich in den Tagesblättern zu lesen und hing an der Börse aus, indeß Niemand fand sich um den Ring in Anspruch zu nehmen, und so befindet er sich in Eduard's Besitze bis zu dieser Stunde.

Wenige Tage nachher kam es den beiden Freunden in den Sinn, wieder eine ländliche Wanderung anzutreten. Es war Sonnabends Vormittags um drei Uhr, denn erst die vierte oder fünfte Stunde gilt zu London als die des Mittags. Sie wollten in irgend einem angenehmen Landwirthshause ihre Mahlzeit einnehmen, dort die Nacht und den Sonntag zubringen, um Montags früh wieder zur Stadt zurückzukehren. Das Wetter war entzückend, und die Landschaft malerisch. Ihr Weg führte sie durch einen offenen Park, welcher zum ländlichen Palaste eines bekannten Herzogs gehört und eine Fülle von Reizen darbietet, die jeder Wanderer nach Belieben genießen kann. Als sie in einer der großen Alleen fortwandelten, die Blicke bald rechts, bald links auf herrliche Laubholzperspectiven, oder auf klare Wasserspiegel richtend, nahmen sie einen Gentleman wahr, der, auf einer Bank am Wege sitzend, in einem Buche las. Sie wollten an ihm vorübergehen. Als sie ihm indessen ganz nahe waren, blickte er plötzlich auf, schien durch die Erscheinung der jungen Leute sehr überrascht zu werden, sammelte sich indeß

die Angabe ihrer Namen und ihrer Wohnung vollkommen genüge.

Die Bekanntmachung war darauf wirklich in den Tagesblättern zu lesen und hing an der Börse aus, indeß Niemand fand sich um den Ring in Anspruch zu nehmen, und so befindet er sich in Eduard's Besitze bis zu dieser Stunde.

Wenige Tage nachher kam es den beiden Freunden in den Sinn, wieder eine ländliche Wanderung anzutreten. Es war Sonnabends Vormittags um drei Uhr, denn erst die vierte oder fünfte Stunde gilt zu London als die des Mittags. Sie wollten in irgend einem angenehmen Landwirthshause ihre Mahlzeit einnehmen, dort die Nacht und den Sonntag zubringen, um Montags früh wieder zur Stadt zurückzukehren. Das Wetter war entzückend, und die Landschaft malerisch. Ihr Weg führte sie durch einen offenen Park, welcher zum ländlichen Palaste eines bekannten Herzogs gehört und eine Fülle von Reizen darbietet, die jeder Wanderer nach Belieben genießen kann. Als sie in einer der großen Alleen fortwandelten, die Blicke bald rechts, bald links auf herrliche Laubholzperspectiven, oder auf klare Wasserspiegel richtend, nahmen sie einen Gentleman wahr, der, auf einer Bank am Wege sitzend, in einem Buche las. Sie wollten an ihm vorübergehen. Als sie ihm indessen ganz nahe waren, blickte er plötzlich auf, schien durch die Erscheinung der jungen Leute sehr überrascht zu werden, sammelte sich indeß

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[0017] die Angabe ihrer Namen und ihrer Wohnung vollkommen genüge. Die Bekanntmachung war darauf wirklich in den Tagesblättern zu lesen und hing an der Börse aus, indeß Niemand fand sich um den Ring in Anspruch zu nehmen, und so befindet er sich in Eduard's Besitze bis zu dieser Stunde. Wenige Tage nachher kam es den beiden Freunden in den Sinn, wieder eine ländliche Wanderung anzutreten. Es war Sonnabends Vormittags um drei Uhr, denn erst die vierte oder fünfte Stunde gilt zu London als die des Mittags. Sie wollten in irgend einem angenehmen Landwirthshause ihre Mahlzeit einnehmen, dort die Nacht und den Sonntag zubringen, um Montags früh wieder zur Stadt zurückzukehren. Das Wetter war entzückend, und die Landschaft malerisch. Ihr Weg führte sie durch einen offenen Park, welcher zum ländlichen Palaste eines bekannten Herzogs gehört und eine Fülle von Reizen darbietet, die jeder Wanderer nach Belieben genießen kann. Als sie in einer der großen Alleen fortwandelten, die Blicke bald rechts, bald links auf herrliche Laubholzperspectiven, oder auf klare Wasserspiegel richtend, nahmen sie einen Gentleman wahr, der, auf einer Bank am Wege sitzend, in einem Buche las. Sie wollten an ihm vorübergehen. Als sie ihm indessen ganz nahe waren, blickte er plötzlich auf, schien durch die Erscheinung der jungen Leute sehr überrascht zu werden, sammelte sich indeß

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:12:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:12:58Z)

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Zitationshilfe: Heyden, Friedrich von: Der graue John. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–231. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyden_john_1910/17>, abgerufen am 24.04.2024.