[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843.O lern' dem Traum des Heldenthums entsagen! Vertrocknet ist für Dich der Born der That, Aus Deinen Steinen wirst Du nicht ihn schlagen. Nur feile Zungen dreschen Deine Saat, Als wär' ein Wald von Aehren draus entsprossen: Ich sehe nichts, als Unkraut und Verrath; Verrath, der Dir die Herzen hat verschlossen, Verrath an Dir und Deines Volkes Ehre, Das thöricht für Dein Haus sein Blut vergossen; Verrath in dem verpestenden Verkehre Mit jenem Scheusal! Scheusal, mag's auch gleichen, Wie Nero, dem Apoll von Belvedere: Es herrscht kein Zweites in des Abgrunds Reichen. Und Freund und Bruder nennst Du den Despoten Und lauschest seines Munds geheimsten Zeichen; Du willst, wie Er, nur schweigende Heloten,
Und Fürstenallmacht, die Ukasen schreibt Dem Staube, dem Erniedrigung geboten. O lern' dem Traum des Heldenthums entſagen! Vertrocknet iſt für Dich der Born der That, Aus Deinen Steinen wirſt Du nicht ihn ſchlagen. Nur feile Zungen dreſchen Deine Saat, Als wär' ein Wald von Aehren draus entſproſſen: Ich ſehe nichts, als Unkraut und Verrath; Verrath, der Dir die Herzen hat verſchloſſen, Verrath an Dir und Deines Volkes Ehre, Das thöricht für Dein Haus ſein Blut vergoſſen; Verrath in dem verpeſtenden Verkehre Mit jenem Scheuſal! Scheuſal, mag's auch gleichen, Wie Nero, dem Apoll von Belvedere: Es herrſcht kein Zweites in des Abgrunds Reichen. Und Freund und Bruder nennſt Du den Deſpoten Und lauſcheſt ſeines Munds geheimſten Zeichen; Du willſt, wie Er, nur ſchweigende Heloten,
Und Fürſtenallmacht, die Ukaſen ſchreibt Dem Staube, dem Erniedrigung geboten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0174" n="164"/> <lg n="28"> <l>O lern' dem Traum des Heldenthums entſagen!</l><lb/> <l>Vertrocknet iſt für Dich der Born der That,</l><lb/> <l>Aus Deinen Steinen wirſt Du nicht ihn ſchlagen.</l><lb/> </lg> <lg n="29"> <l>Nur feile Zungen dreſchen Deine Saat,</l><lb/> <l>Als wär' ein Wald von Aehren draus entſproſſen:</l><lb/> <l>Ich ſehe nichts, als Unkraut und Verrath;</l><lb/> </lg> <lg n="30"> <l>Verrath, der Dir die Herzen hat verſchloſſen,</l><lb/> <l>Verrath an Dir und Deines Volkes Ehre,</l><lb/> <l>Das thöricht für Dein Haus ſein Blut vergoſſen;</l><lb/> </lg> <lg n="31"> <l>Verrath in dem verpeſtenden Verkehre</l><lb/> <l>Mit jenem Scheuſal! Scheuſal, mag's auch gleichen,</l><lb/> <l>Wie Nero, dem Apoll von Belvedere:</l><lb/> </lg> <lg n="32"> <l>Es herrſcht kein Zweites in des Abgrunds Reichen.</l><lb/> <l>Und Freund und Bruder nennſt Du den Deſpoten</l><lb/> <l>Und lauſcheſt ſeines Munds geheimſten Zeichen;</l><lb/> </lg> <lg n="33"> <l>Du willſt, wie Er, nur ſchweigende Heloten,</l><lb/> <l>Und Fürſtenallmacht, die Ukaſen ſchreibt</l><lb/> <l>Dem Staube, dem Erniedrigung geboten.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [164/0174]
O lern' dem Traum des Heldenthums entſagen!
Vertrocknet iſt für Dich der Born der That,
Aus Deinen Steinen wirſt Du nicht ihn ſchlagen.
Nur feile Zungen dreſchen Deine Saat,
Als wär' ein Wald von Aehren draus entſproſſen:
Ich ſehe nichts, als Unkraut und Verrath;
Verrath, der Dir die Herzen hat verſchloſſen,
Verrath an Dir und Deines Volkes Ehre,
Das thöricht für Dein Haus ſein Blut vergoſſen;
Verrath in dem verpeſtenden Verkehre
Mit jenem Scheuſal! Scheuſal, mag's auch gleichen,
Wie Nero, dem Apoll von Belvedere:
Es herrſcht kein Zweites in des Abgrunds Reichen.
Und Freund und Bruder nennſt Du den Deſpoten
Und lauſcheſt ſeines Munds geheimſten Zeichen;
Du willſt, wie Er, nur ſchweigende Heloten,
Und Fürſtenallmacht, die Ukaſen ſchreibt
Dem Staube, dem Erniedrigung geboten.
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte02_1843/174>, abgerufen am 17.02.2025. |