[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843.Nicht ganz so lautet' es, wie jetzt ich sage, Mein Stachel hat nicht ganz so scharf gestochen; Doch war's der tiefe Sinn von unsrer Klage, Wenn wir, wie Hamlet einst, zu Dir gesprochen: "Im Staate Dänemark ist Etwas faul, Und seine Kraft ist in sich selbst gebrochen." Du aber spielst den königlichen Saul; (Nicht jenen andern, den Du mich gescholten, Wol hoffend auf den Apostaten Paul -- ) Du hast die freien Worte schlecht vergolten Und warfst den Speer mit mörderischer Hand, Wenn wir nicht jedem Knechte Beifall zollten. Du hast den eiteln Buhlen Freund genannt, Der solchen Schergenruhm mit vollen Backen Posaunt; hast unsre reine Gluth verkannt, Die nur das Erz wollt' läutern von den Schlacken:
Denn kommen muß er jetzt, der Tag, auf Erden, Der freie Männer scheidet von Kosaken. Nicht ganz ſo lautet' es, wie jetzt ich ſage, Mein Stachel hat nicht ganz ſo ſcharf geſtochen; Doch war's der tiefe Sinn von unſrer Klage, Wenn wir, wie Hamlet einſt, zu Dir geſprochen: „Im Staate Dänemark iſt Etwas faul, Und ſeine Kraft iſt in ſich ſelbſt gebrochen.“ Du aber ſpielſt den königlichen Saul; (Nicht jenen andern, den Du mich geſcholten, Wol hoffend auf den Apoſtaten Paul — ) Du haſt die freien Worte ſchlecht vergolten Und warfſt den Speer mit mörderiſcher Hand, Wenn wir nicht jedem Knechte Beifall zollten. Du haſt den eiteln Buhlen Freund genannt, Der ſolchen Schergenruhm mit vollen Backen Poſaunt; haſt unſre reine Gluth verkannt, Die nur das Erz wollt' läutern von den Schlacken:
Denn kommen muß er jetzt, der Tag, auf Erden, Der freie Männer ſcheidet von Koſaken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0172" n="162"/> <lg n="16"> <l>Nicht ganz ſo lautet' es, wie jetzt ich ſage,</l><lb/> <l>Mein Stachel hat nicht ganz ſo ſcharf geſtochen;</l><lb/> <l>Doch war's der tiefe Sinn von unſrer Klage,</l><lb/> </lg> <lg n="17"> <l>Wenn wir, wie Hamlet einſt, zu Dir geſprochen:</l><lb/> <l>„Im Staate Dänemark iſt Etwas faul,</l><lb/> <l>Und ſeine Kraft iſt in ſich ſelbſt gebrochen.“</l><lb/> </lg> <lg n="18"> <l>Du aber ſpielſt den königlichen Saul;</l><lb/> <l>(Nicht jenen andern, den Du <hi rendition="#g">mich</hi> geſcholten,</l><lb/> <l>Wol hoffend auf den Apoſtaten Paul — )</l><lb/> </lg> <lg n="19"> <l>Du haſt die freien Worte ſchlecht vergolten</l><lb/> <l>Und warfſt den Speer mit mörderiſcher Hand,</l><lb/> <l>Wenn wir nicht jedem Knechte Beifall zollten.</l><lb/> </lg> <lg n="20"> <l>Du haſt den eiteln Buhlen Freund genannt,</l><lb/> <l>Der ſolchen Schergenruhm mit vollen Backen</l><lb/> <l>Poſaunt; haſt unſre reine Gluth verkannt,</l><lb/> </lg> <lg n="21"> <l>Die nur das Erz wollt' läutern von den Schlacken:</l><lb/> <l>Denn kommen <hi rendition="#g">muß</hi> er jetzt, der Tag, auf Erden,</l><lb/> <l>Der freie Männer ſcheidet von Koſaken.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [162/0172]
Nicht ganz ſo lautet' es, wie jetzt ich ſage,
Mein Stachel hat nicht ganz ſo ſcharf geſtochen;
Doch war's der tiefe Sinn von unſrer Klage,
Wenn wir, wie Hamlet einſt, zu Dir geſprochen:
„Im Staate Dänemark iſt Etwas faul,
Und ſeine Kraft iſt in ſich ſelbſt gebrochen.“
Du aber ſpielſt den königlichen Saul;
(Nicht jenen andern, den Du mich geſcholten,
Wol hoffend auf den Apoſtaten Paul — )
Du haſt die freien Worte ſchlecht vergolten
Und warfſt den Speer mit mörderiſcher Hand,
Wenn wir nicht jedem Knechte Beifall zollten.
Du haſt den eiteln Buhlen Freund genannt,
Der ſolchen Schergenruhm mit vollen Backen
Poſaunt; haſt unſre reine Gluth verkannt,
Die nur das Erz wollt' läutern von den Schlacken:
Denn kommen muß er jetzt, der Tag, auf Erden,
Der freie Männer ſcheidet von Koſaken.
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte02_1843/172>, abgerufen am 16.02.2025. |