[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.XXXVI. Ludwig Uhland. Nur selten noch, fast graut's mir, es zu sagen, Nehm' ich der Freiheit Evangelium, Den Schatz von Minne und von Ritterthum Zur Hand in unsern hartbedrängten Tagen. Wie hab' ich einst so heiß dafür geschlagen! Wie hastig dreht' ich Blatt um Blatt herum! Ich kann nicht mehr -- ich kann nicht -- sei es drum! Es soll doch Niemand mich zu schelten wagen. Ein ander Hassen und ein ander Lieben Ist in die Welt gekommen, und von allen Sind wenig Herzen nur sich gleich geblieben. So sind auch Deine Lieder mir entfallen; Ein einziges steht fest in mir geschrieben; Kennst Du das Lied: "Weh Euch, Ihr stolzen Hallen!" XXXVI. Ludwig Uhland. Nur ſelten noch, faſt graut's mir, es zu ſagen, Nehm' ich der Freiheit Evangelium, Den Schatz von Minne und von Ritterthum Zur Hand in unſern hartbedrängten Tagen. Wie hab' ich einſt ſo heiß dafür geſchlagen! Wie haſtig dreht' ich Blatt um Blatt herum! Ich kann nicht mehr — ich kann nicht — ſei es drum! Es ſoll doch Niemand mich zu ſchelten wagen. Ein ander Haſſen und ein ander Lieben Iſt in die Welt gekommen, und von allen Sind wenig Herzen nur ſich gleich geblieben. So ſind auch Deine Lieder mir entfallen; Ein einziges ſteht feſt in mir geſchrieben; Kennſt Du das Lied: „Weh Euch, Ihr ſtolzen Hallen!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0172" n="166"/> </div> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">XXXVI.</hi><lb/> </head> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Ludwig Uhland.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Nur ſelten noch, faſt graut's mir, es zu ſagen,</l><lb/> <l>Nehm' ich der Freiheit Evangelium,</l><lb/> <l>Den Schatz von Minne und von Ritterthum</l><lb/> <l>Zur Hand in unſern hartbedrängten Tagen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Wie hab' ich einſt ſo heiß dafür geſchlagen!</l><lb/> <l>Wie haſtig dreht' ich Blatt um Blatt herum!</l><lb/> <l>Ich kann nicht mehr — ich kann nicht — ſei es drum!</l><lb/> <l>Es ſoll doch Niemand mich zu ſchelten wagen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Ein ander Haſſen und ein ander Lieben</l><lb/> <l>Iſt in die Welt gekommen, und von allen</l><lb/> <l>Sind wenig Herzen nur ſich <hi rendition="#g">gleich</hi> geblieben.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>So ſind auch <hi rendition="#g">Deine</hi> Lieder mir entfallen;</l><lb/> <l>Ein einziges ſteht feſt in mir geſchrieben;</l><lb/> <l>Kennſt Du das Lied: „Weh Euch, Ihr ſtolzen Hallen!“</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [166/0172]
XXXVI.
Ludwig Uhland.
Nur ſelten noch, faſt graut's mir, es zu ſagen,
Nehm' ich der Freiheit Evangelium,
Den Schatz von Minne und von Ritterthum
Zur Hand in unſern hartbedrängten Tagen.
Wie hab' ich einſt ſo heiß dafür geſchlagen!
Wie haſtig dreht' ich Blatt um Blatt herum!
Ich kann nicht mehr — ich kann nicht — ſei es drum!
Es ſoll doch Niemand mich zu ſchelten wagen.
Ein ander Haſſen und ein ander Lieben
Iſt in die Welt gekommen, und von allen
Sind wenig Herzen nur ſich gleich geblieben.
So ſind auch Deine Lieder mir entfallen;
Ein einziges ſteht feſt in mir geſchrieben;
Kennſt Du das Lied: „Weh Euch, Ihr ſtolzen Hallen!“
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/172>, abgerufen am 22.07.2024. |