[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.XXV. Am schönsten Tag um einen Wunsch betrogen, Und eine Niete jede, jede Karte, An meinem Schwerte Scharte nur an Scharte, Wenn einmal aus der Scheide ich's gezogen. Doch halt' ich mutig über allen Wogen Die Poesie, die leuchtende Standarte, Durch sie versöhn' ich mein Geschick, das harte, Den rauhsten Sturm mit ihrem Regenbogen. Nie tönte meine Leier Tod und Fluch, Nie schnitt ich aus des Hyperioniden Purpur ein traurig-düstres Leichentuch; Der Herr hat mir ein frommes Herz beschieden, Die Welt ist mir ein heilig, heilig Buch, Drin alle Blätter flüstern: Frieden! Frieden! XXV. Am ſchönſten Tag um einen Wunſch betrogen, Und eine Niete jede, jede Karte, An meinem Schwerte Scharte nur an Scharte, Wenn einmal aus der Scheide ich's gezogen. Doch halt' ich mutig über allen Wogen Die Poeſie, die leuchtende Standarte, Durch ſie verſöhn' ich mein Geſchick, das harte, Den rauhſten Sturm mit ihrem Regenbogen. Nie tönte meine Leier Tod und Fluch, Nie ſchnitt ich aus des Hyperioniden Purpur ein traurig-düſtres Leichentuch; Der Herr hat mir ein frommes Herz beſchieden, Die Welt iſt mir ein heilig, heilig Buch, Drin alle Blätter flüſtern: Frieden! Frieden! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0161" n="155"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">XXV.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Am ſchönſten Tag um einen Wunſch betrogen,</l><lb/> <l>Und eine Niete jede, jede Karte,</l><lb/> <l>An meinem Schwerte Scharte nur an Scharte,</l><lb/> <l>Wenn einmal aus der Scheide ich's gezogen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Doch halt' ich mutig über allen Wogen</l><lb/> <l>Die Poeſie, die leuchtende Standarte,</l><lb/> <l>Durch ſie verſöhn' ich mein Geſchick, das harte,</l><lb/> <l>Den rauhſten Sturm mit ihrem Regenbogen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Nie tönte meine Leier Tod und Fluch,</l><lb/> <l>Nie ſchnitt ich aus des Hyperioniden</l><lb/> <l>Purpur ein traurig-düſtres Leichentuch;</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Der Herr hat mir ein frommes Herz beſchieden,</l><lb/> <l>Die Welt iſt mir ein heilig, heilig Buch,</l><lb/> <l>Drin alle Blätter flüſtern: Frieden! Frieden!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [155/0161]
XXV.
Am ſchönſten Tag um einen Wunſch betrogen,
Und eine Niete jede, jede Karte,
An meinem Schwerte Scharte nur an Scharte,
Wenn einmal aus der Scheide ich's gezogen.
Doch halt' ich mutig über allen Wogen
Die Poeſie, die leuchtende Standarte,
Durch ſie verſöhn' ich mein Geſchick, das harte,
Den rauhſten Sturm mit ihrem Regenbogen.
Nie tönte meine Leier Tod und Fluch,
Nie ſchnitt ich aus des Hyperioniden
Purpur ein traurig-düſtres Leichentuch;
Der Herr hat mir ein frommes Herz beſchieden,
Die Welt iſt mir ein heilig, heilig Buch,
Drin alle Blätter flüſtern: Frieden! Frieden!
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/161>, abgerufen am 03.07.2024. |