Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.

Bild:
<< vorherige Seite
XII.
Die Ihr voll Mut zu schleudern euch nicht scheutet
Ein blitzend Wort in unsres Lebens Schwüle,
O Glück, wenn ihr euch auf dem Sterbepfühle
Vom Neid zerstückter Kränze noch erfreutet!
Wie haben Ruhm in Scheffeln sich erbeutet,
Die ruhig trabten ihren Weg zur Mühle
Und immer hübsch die trunkensten Gefühle
Gleich tauben Blüten aus dem Korn gereutet!
Brauch' deine Hand, die ist der Welt genug,
Und Kopf und Herz sind beide überflüssig;
Man will den Flaum vom Vogel, nicht den Flug.
Kannst du nur dichten, gehe lieber müssig;
Die Welt, die stets das Ungereimte trug,
Ist des Gereimten schnell sehr überdrüssig.
XII.
Die Ihr voll Mut zu ſchleudern euch nicht ſcheutet
Ein blitzend Wort in unſres Lebens Schwüle,
O Glück, wenn ihr euch auf dem Sterbepfühle
Vom Neid zerſtückter Kränze noch erfreutet!
Wie haben Ruhm in Scheffeln ſich erbeutet,
Die ruhig trabten ihren Weg zur Mühle
Und immer hübſch die trunkenſten Gefühle
Gleich tauben Blüten aus dem Korn gereutet!
Brauch' deine Hand, die iſt der Welt genug,
Und Kopf und Herz ſind beide überflüſſig;
Man will den Flaum vom Vogel, nicht den Flug.
Kannſt du nur dichten, gehe lieber müſſig;
Die Welt, die ſtets das Ungereimte trug,
Iſt des Gereimten ſchnell ſehr überdrüſſig.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0148" n="142"/>
          </div>
        </div>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">XII</hi>.<lb/></head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Die Ihr voll Mut zu &#x017F;chleudern euch nicht &#x017F;cheutet</l><lb/>
              <l>Ein blitzend Wort in un&#x017F;res Lebens Schwüle,</l><lb/>
              <l>O Glück, wenn ihr euch auf dem Sterbepfühle</l><lb/>
              <l>Vom Neid zer&#x017F;tückter Kränze noch erfreutet!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Wie haben Ruhm in Scheffeln &#x017F;ich erbeutet,</l><lb/>
              <l>Die ruhig trabten ihren Weg zur Mühle</l><lb/>
              <l>Und immer hüb&#x017F;ch die trunken&#x017F;ten Gefühle</l><lb/>
              <l>Gleich tauben Blüten aus dem Korn gereutet!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Brauch' deine Hand, die i&#x017F;t der Welt genug,</l><lb/>
              <l>Und Kopf und Herz &#x017F;ind beide überflü&#x017F;&#x017F;ig;</l><lb/>
              <l>Man will den Flaum vom Vogel, nicht den Flug.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Kann&#x017F;t du nur dichten, gehe lieber mü&#x017F;&#x017F;ig;</l><lb/>
              <l>Die Welt, die &#x017F;tets das Ungereimte trug,</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t des Gereimten &#x017F;chnell &#x017F;ehr überdrü&#x017F;&#x017F;ig.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0148] XII. Die Ihr voll Mut zu ſchleudern euch nicht ſcheutet Ein blitzend Wort in unſres Lebens Schwüle, O Glück, wenn ihr euch auf dem Sterbepfühle Vom Neid zerſtückter Kränze noch erfreutet! Wie haben Ruhm in Scheffeln ſich erbeutet, Die ruhig trabten ihren Weg zur Mühle Und immer hübſch die trunkenſten Gefühle Gleich tauben Blüten aus dem Korn gereutet! Brauch' deine Hand, die iſt der Welt genug, Und Kopf und Herz ſind beide überflüſſig; Man will den Flaum vom Vogel, nicht den Flug. Kannſt du nur dichten, gehe lieber müſſig; Die Welt, die ſtets das Ungereimte trug, Iſt des Gereimten ſchnell ſehr überdrüſſig.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/148
Zitationshilfe: [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/148>, abgerufen am 18.05.2024.