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[Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774.

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Tüchtigkeit, kann ich mit dem Werkmeister
streiten? Jch bin nicht übergangen, niemand
vorgezogen; Fühlbarkeit, Thätigkeit und Tüch-
tigkeit des Menschengeschlechts ist vertheilt.
Hier reißt der Strohm ab, dort setzt er an.
Wem viel gegeben ist, der hat auch viel zu
leisten. Wer mit viel Sinnen erquickt wird,
hat mit viel Sinnen zu streben -- Jch glau-
be nicht, daß ein Gedanke, mit dem was er
sagt
und verschweigt, was er in Ansicht gibt
und worüber er Himmelsdecke ziehet, grössere
Empfindung gebe, als dieser, im Lichte der gan-
zen Geschichte!
--



Daß er darinn erscheine, dahin läuft wenig-
stens mein Wunsch, die grosse olymbische Renn-
bahn!
Jst unser Zeitalter in irgend einer Ab-
sicht edel nutzbar, so ists "seine Späte, seine
"Höhe, seine Aussicht!" Was Jahrtausende
durch, auf dasselbe bereits zubereitet worden!
wodurch es wieder in so höherm Sinn auf ein
anderes zubereite! die Schritte gegen und von
ihm
-- Philosoph, willt du den Stand deines
Jahrhunderts ehren und nutzen: das Buch
der Vorgeschichte liegt vor dir! Mit sieben

Siegeln



Tuͤchtigkeit, kann ich mit dem Werkmeiſter
ſtreiten? Jch bin nicht uͤbergangen, niemand
vorgezogen; Fuͤhlbarkeit, Thaͤtigkeit und Tuͤch-
tigkeit des Menſchengeſchlechts iſt vertheilt.
Hier reißt der Strohm ab, dort ſetzt er an.
Wem viel gegeben iſt, der hat auch viel zu
leiſten. Wer mit viel Sinnen erquickt wird,
hat mit viel Sinnen zu ſtreben — Jch glau-
be nicht, daß ein Gedanke, mit dem was er
ſagt
und verſchweigt, was er in Anſicht gibt
und woruͤber er Himmelsdecke ziehet, groͤſſere
Empfindung gebe, als dieſer, im Lichte der gan-
zen Geſchichte!



Daß er darinn erſcheine, dahin laͤuft wenig-
ſtens mein Wunſch, die groſſe olymbiſche Renn-
bahn!
Jſt unſer Zeitalter in irgend einer Ab-
ſicht edel nutzbar, ſo iſts „ſeine Spaͤte, ſeine
Hoͤhe, ſeine Ausſicht!„ Was Jahrtauſende
durch, auf daſſelbe bereits zubereitet worden!
wodurch es wieder in ſo hoͤherm Sinn auf ein
anderes zubereite! die Schritte gegen und von
ihm
— Philoſoph, willt du den Stand deines
Jahrhunderts ehren und nutzen: das Buch
der Vorgeſchichte liegt vor dir! Mit ſieben

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[146/0150] Tuͤchtigkeit, kann ich mit dem Werkmeiſter ſtreiten? Jch bin nicht uͤbergangen, niemand vorgezogen; Fuͤhlbarkeit, Thaͤtigkeit und Tuͤch- tigkeit des Menſchengeſchlechts iſt vertheilt. Hier reißt der Strohm ab, dort ſetzt er an. Wem viel gegeben iſt, der hat auch viel zu leiſten. Wer mit viel Sinnen erquickt wird, hat mit viel Sinnen zu ſtreben — Jch glau- be nicht, daß ein Gedanke, mit dem was er ſagt und verſchweigt, was er in Anſicht gibt und woruͤber er Himmelsdecke ziehet, groͤſſere Empfindung gebe, als dieſer, im Lichte der gan- zen Geſchichte! — Daß er darinn erſcheine, dahin laͤuft wenig- ſtens mein Wunſch, die groſſe olymbiſche Renn- bahn! Jſt unſer Zeitalter in irgend einer Ab- ſicht edel nutzbar, ſo iſts „ſeine Spaͤte, ſeine „Hoͤhe, ſeine Ausſicht!„ Was Jahrtauſende durch, auf daſſelbe bereits zubereitet worden! wodurch es wieder in ſo hoͤherm Sinn auf ein anderes zubereite! die Schritte gegen und von ihm — Philoſoph, willt du den Stand deines Jahrhunderts ehren und nutzen: das Buch der Vorgeſchichte liegt vor dir! Mit ſieben Siegeln

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Zitationshilfe: [Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_philosophie_1774/150>, abgerufen am 25.11.2024.