dig zu brauchen seyn möchte: hier scheint seine Calliope, die er vor dieser Betrachtung anruft *, ihn etwas zu weit verführt zu ha- ben; oder er ist undankbar gegen seine Füh- rerinn, die ebenfalls zur Mythologie gehört, und ihren Schüler also verlassen mußte, da er der Mythologie zu nahe trat. Wir wollen ihm nachschleichen, und ihn etwas zurück zu locken suchen.
"Warum, frägt er, ist Neptun ein Gott "des Meers, Pluto der Hölle u. s. w. man "kann nichts bei allen diesen Fabeln zur Ursa- "che angeben, als weil es den Griechen und "Römern so gefiel **!" Freilich, der Name ist willkührlich! und meinetwegen mag statt Jupiter, Neptun und Pluto, auch Per- kunos, Pikollos und Potrimpos, oder Odin, Thor und Locke stehen, nur müssen diese Namen, so durchgängig bekannt, mit so hohen poetischen Begriffen gleichsam ver- knüpft, und unsrer Sprache so angemessen seyn, als die griechischen und römischen Namen der Götter. Alsdenn ist uns nichts
daran
*Epist. Hom. p. 123.
**Ibid. p. 124.
dig zu brauchen ſeyn moͤchte: hier ſcheint ſeine Calliope, die er vor dieſer Betrachtung anruft *, ihn etwas zu weit verfuͤhrt zu ha- ben; oder er iſt undankbar gegen ſeine Fuͤh- rerinn, die ebenfalls zur Mythologie gehoͤrt, und ihren Schuͤler alſo verlaſſen mußte, da er der Mythologie zu nahe trat. Wir wollen ihm nachſchleichen, und ihn etwas zuruͤck zu locken ſuchen.
„Warum, fraͤgt er, iſt Neptun ein Gott „des Meers, Pluto der Hoͤlle u. ſ. w. man „kann nichts bei allen dieſen Fabeln zur Urſa- „che angeben, als weil es den Griechen und „Roͤmern ſo gefiel **!„ Freilich, der Name iſt willkuͤhrlich! und meinetwegen mag ſtatt Jupiter, Neptun und Pluto, auch Per- kunos, Pikollos und Potrimpos, oder Odin, Thor und Locke ſtehen, nur muͤſſen dieſe Namen, ſo durchgaͤngig bekannt, mit ſo hohen poetiſchen Begriffen gleichſam ver- knuͤpft, und unſrer Sprache ſo angemeſſen ſeyn, als die griechiſchen und roͤmiſchen Namen der Goͤtter. Alsdenn iſt uns nichts
daran
*Epiſt. Hom. p. 123.
**Ibid. p. 124.
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dig zu brauchen ſeyn moͤchte: hier ſcheint
ſeine Calliope, die er vor dieſer Betrachtung
anruft *, ihn etwas zu weit verfuͤhrt zu ha-
ben; oder er iſt undankbar gegen ſeine Fuͤh-
rerinn, die ebenfalls zur Mythologie gehoͤrt,
und ihren Schuͤler alſo verlaſſen mußte, da
er der Mythologie zu nahe trat. Wir wollen
ihm nachſchleichen, und ihn etwas zuruͤck zu
locken ſuchen.
„Warum, fraͤgt er, iſt Neptun ein Gott
„des Meers, Pluto der Hoͤlle u. ſ. w. man
„kann nichts bei allen dieſen Fabeln zur Urſa-
„che angeben, als weil es den Griechen und
„Roͤmern ſo gefiel **!„ Freilich, der Name
iſt willkuͤhrlich! und meinetwegen mag ſtatt
Jupiter, Neptun und Pluto, auch Per-
kunos, Pikollos und Potrimpos, oder
Odin, Thor und Locke ſtehen, nur muͤſſen
dieſe Namen, ſo durchgaͤngig bekannt, mit
ſo hohen poetiſchen Begriffen gleichſam ver-
knuͤpft, und unſrer Sprache ſo angemeſſen
ſeyn, als die griechiſchen und roͤmiſchen
Namen der Goͤtter. Alsdenn iſt uns nichts
daran
* Epiſt. Hom. p. 123.
** Ibid. p. 124.
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/132>, abgerufen am 16.02.2025.
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