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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

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wenig, daß man auch selbst schon zu den
Neuigkeiten Fremde braucht.

Jndessen denke ich mir ein Journal,
das mehr als Briefe, Auszüge und Urtheile
zum Zeitvertreibe enthielte: ein Werk,
das sich den Plan vorzeichnete zu einem
ganzen und vollendeten Gemälde über die
Litteratur, wo kein Zug ohne Bedeutung
auf das Ganze wäre, er mag sich im
Schatten verbergen, oder aus Licht her-
vortreten: zu einem Gemälde, das die
Natur des Titian, mit der Grazie des
Correggio und der bedeutungsvollen Jdea
des Raphaels zu verbinden suchte: kurz!
ein Werk, das eine pragmatische Geschichte
im gelehrten Staat würde, so wie die
Annales des Tacitus im politischen Staat
diesen hohen Namen verdienen.

Man lasse mich meinen Traum verfol-
gen! Diesem allgemeinen und einzigen
Werke müste eine Geschichte der Littera-
tur
zum Grunde liegen, auf die es sich
stüzzte. Auf welcher Stuffe befindet sich
diese Nation? und zu welcher könnte und
sollte sie kommen? Was sind ihre Talente,

und
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wenig, daß man auch ſelbſt ſchon zu den
Neuigkeiten Fremde braucht.

Jndeſſen denke ich mir ein Journal,
das mehr als Briefe, Auszuͤge und Urtheile
zum Zeitvertreibe enthielte: ein Werk,
das ſich den Plan vorzeichnete zu einem
ganzen und vollendeten Gemaͤlde uͤber die
Litteratur, wo kein Zug ohne Bedeutung
auf das Ganze waͤre, er mag ſich im
Schatten verbergen, oder aus Licht her-
vortreten: zu einem Gemaͤlde, das die
Natur des Titian, mit der Grazie des
Correggio und der bedeutungsvollen Jdea
des Raphaels zu verbinden ſuchte: kurz!
ein Werk, das eine pragmatiſche Geſchichte
im gelehrten Staat wuͤrde, ſo wie die
Annales des Tacitus im politiſchen Staat
dieſen hohen Namen verdienen.

Man laſſe mich meinen Traum verfol-
gen! Dieſem allgemeinen und einzigen
Werke muͤſte eine Geſchichte der Littera-
tur
zum Grunde liegen, auf die es ſich
ſtuͤzzte. Auf welcher Stuffe befindet ſich
dieſe Nation? und zu welcher koͤnnte und
ſollte ſie kommen? Was ſind ihre Talente,

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[5/0009] wenig, daß man auch ſelbſt ſchon zu den Neuigkeiten Fremde braucht. Jndeſſen denke ich mir ein Journal, das mehr als Briefe, Auszuͤge und Urtheile zum Zeitvertreibe enthielte: ein Werk, das ſich den Plan vorzeichnete zu einem ganzen und vollendeten Gemaͤlde uͤber die Litteratur, wo kein Zug ohne Bedeutung auf das Ganze waͤre, er mag ſich im Schatten verbergen, oder aus Licht her- vortreten: zu einem Gemaͤlde, das die Natur des Titian, mit der Grazie des Correggio und der bedeutungsvollen Jdea des Raphaels zu verbinden ſuchte: kurz! ein Werk, das eine pragmatiſche Geſchichte im gelehrten Staat wuͤrde, ſo wie die Annales des Tacitus im politiſchen Staat dieſen hohen Namen verdienen. Man laſſe mich meinen Traum verfol- gen! Dieſem allgemeinen und einzigen Werke muͤſte eine Geſchichte der Littera- tur zum Grunde liegen, auf die es ſich ſtuͤzzte. Auf welcher Stuffe befindet ſich dieſe Nation? und zu welcher koͤnnte und ſollte ſie kommen? Was ſind ihre Talente, und A 3

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/9>, abgerufen am 21.11.2024.