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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

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erwarten, und ihr Correspondent wird doch
gewiß mit andern Journälen haben buh-
len müssen, um die Merkwürdigkeiten alle
zu erfahren. -- Jhre Philosophie ist
nach dem Ausspruche Cicerons: "Philoso-
phire! aber mit wenigem" und diese Mäs-
sigung hat sie, als Leitband, vor dem Sin-
ken bewahrt. Jn dessen fällt es mir ein,
daß einst in Athen zween Künstler stritten;
jener betrog die Vögel, und dieser gar seinen
Miteiferer, der nach dem Vorhange grif,
und blos ein Gemälde ertappete. Wenn
die Litteraturbriefe in ihren Urtheilen oft
einfältige Leser bei dem Naschen zum be-
sten haben, so geht dies noch hin; wenn
aber der Ordensbruder, der Philosoph
selbst, nach ihren allgemeinen Anmerkun-
gen greift und sie verschwinden; so ists
beinahe wider die Zunftgesezze.

Beide Werke, die ich ohngeachtet ihrer
Verschiedenheit vergleiche, haben sich in-
dessen alle beide um den deutschen Ge-
schmack sehr verdient gemacht, und werden
merkwürdig seyn, wenn gleich die Nach-

rich-
B

erwarten, und ihr Correſpondent wird doch
gewiß mit andern Journaͤlen haben buh-
len muͤſſen, um die Merkwuͤrdigkeiten alle
zu erfahren. — Jhre Philoſophie iſt
nach dem Ausſpruche Cicerons: „Philoſo-
phire! aber mit wenigem„ und dieſe Maͤſ-
ſigung hat ſie, als Leitband, vor dem Sin-
ken bewahrt. Jn deſſen faͤllt es mir ein,
daß einſt in Athen zween Kuͤnſtler ſtritten;
jener betrog die Voͤgel, und dieſer gar ſeinen
Miteiferer, der nach dem Vorhange grif,
und blos ein Gemaͤlde ertappete. Wenn
die Litteraturbriefe in ihren Urtheilen oft
einfaͤltige Leſer bei dem Naſchen zum be-
ſten haben, ſo geht dies noch hin; wenn
aber der Ordensbruder, der Philoſoph
ſelbſt, nach ihren allgemeinen Anmerkun-
gen greift und ſie verſchwinden; ſo iſts
beinahe wider die Zunftgeſezze.

Beide Werke, die ich ohngeachtet ihrer
Verſchiedenheit vergleiche, haben ſich in-
deſſen alle beide um den deutſchen Ge-
ſchmack ſehr verdient gemacht, und werden
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B
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[17/0021] erwarten, und ihr Correſpondent wird doch gewiß mit andern Journaͤlen haben buh- len muͤſſen, um die Merkwuͤrdigkeiten alle zu erfahren. — Jhre Philoſophie iſt nach dem Ausſpruche Cicerons: „Philoſo- phire! aber mit wenigem„ und dieſe Maͤſ- ſigung hat ſie, als Leitband, vor dem Sin- ken bewahrt. Jn deſſen faͤllt es mir ein, daß einſt in Athen zween Kuͤnſtler ſtritten; jener betrog die Voͤgel, und dieſer gar ſeinen Miteiferer, der nach dem Vorhange grif, und blos ein Gemaͤlde ertappete. Wenn die Litteraturbriefe in ihren Urtheilen oft einfaͤltige Leſer bei dem Naſchen zum be- ſten haben, ſo geht dies noch hin; wenn aber der Ordensbruder, der Philoſoph ſelbſt, nach ihren allgemeinen Anmerkun- gen greift und ſie verſchwinden; ſo iſts beinahe wider die Zunftgeſezze. Beide Werke, die ich ohngeachtet ihrer Verſchiedenheit vergleiche, haben ſich in- deſſen alle beide um den deutſchen Ge- ſchmack ſehr verdient gemacht, und werden merkwuͤrdig ſeyn, wenn gleich die Nach- rich- B

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/21>, abgerufen am 21.11.2024.