Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769.Kritische Wälder. Büchlein wird seinem größesten Theile nach nichts,als eine Vergleichung der Alten und Neuern: und diese Vergleichung wieder nichts, als ein Preis des Geschmacks der Alten, und eine Satyre auf den Münzengeschmack der Neuern. Beiderlei Arten des Geschmacks als die Produktion einer ganzen Zeitverfassung und Nationaldenkart anzusehen, den Unterschied zu entwickeln, der sich zwischen der Numismatischen Welt der Alten und der Neuern in Bildersprache der Religion, in den Symbolen der Länder, in den Allegorien der Begebenheiten, in dem Cerimoniol der Personen, in der Sprache der Aufschriften, in dem Publikum, das Münzen erfand, sah und beurtheilte, in allen äußern Um- ständen der Numismatik ereignet, diesen Himmel- weiten Unterschied, von dem ich einige Schattenzüge entworfen, vergißt er; schreibt dem lieben Addison nach, macht dessen Gespräche zur feinen Satyre, zur lahmsten, Lendenlahmsten Strafpredigt über den übeln Münzengeschmack unsrer Zeit, von Für- sten an, bis zu Münzenstemplern zu -- Und das ist sein Beitrag zur Geschichte des wurf
Kritiſche Waͤlder. Buͤchlein wird ſeinem groͤßeſten Theile nach nichts,als eine Vergleichung der Alten und Neuern: und dieſe Vergleichung wieder nichts, als ein Preis des Geſchmacks der Alten, und eine Satyre auf den Muͤnzengeſchmack der Neuern. Beiderlei Arten des Geſchmacks als die Produktion einer ganzen Zeitverfaſſung und Nationaldenkart anzuſehen, den Unterſchied zu entwickeln, der ſich zwiſchen der Numismatiſchen Welt der Alten und der Neuern in Bilderſprache der Religion, in den Symbolen der Laͤnder, in den Allegorien der Begebenheiten, in dem Cerimoniol der Perſonen, in der Sprache der Aufſchriften, in dem Publikum, das Muͤnzen erfand, ſah und beurtheilte, in allen aͤußern Um- ſtaͤnden der Numismatik ereignet, dieſen Himmel- weiten Unterſchied, von dem ich einige Schattenzuͤge entworfen, vergißt er; ſchreibt dem lieben Addiſon nach, macht deſſen Geſpraͤche zur feinen Satyre, zur lahmſten, Lendenlahmſten Strafpredigt uͤber den uͤbeln Muͤnzengeſchmack unſrer Zeit, von Fuͤr- ſten an, bis zu Muͤnzenſtemplern zu — Und das iſt ſein Beitrag zur Geſchichte des wurf
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Kritiſche Waͤlder.
Buͤchlein wird ſeinem groͤßeſten Theile nach nichts,
als eine Vergleichung der Alten und Neuern: und
dieſe Vergleichung wieder nichts, als ein Preis des
Geſchmacks der Alten, und eine Satyre auf den
Muͤnzengeſchmack der Neuern. Beiderlei Arten
des Geſchmacks als die Produktion einer ganzen
Zeitverfaſſung und Nationaldenkart anzuſehen, den
Unterſchied zu entwickeln, der ſich zwiſchen der
Numismatiſchen Welt der Alten und der Neuern
in Bilderſprache der Religion, in den Symbolen
der Laͤnder, in den Allegorien der Begebenheiten,
in dem Cerimoniol der Perſonen, in der Sprache
der Aufſchriften, in dem Publikum, das Muͤnzen
erfand, ſah und beurtheilte, in allen aͤußern Um-
ſtaͤnden der Numismatik ereignet, dieſen Himmel-
weiten Unterſchied, von dem ich einige Schattenzuͤge
entworfen, vergißt er; ſchreibt dem lieben Addiſon
nach, macht deſſen Geſpraͤche zur feinen Satyre,
zur lahmſten, Lendenlahmſten Strafpredigt uͤber
den uͤbeln Muͤnzengeſchmack unſrer Zeit, von Fuͤr-
ſten an, bis zu Muͤnzenſtemplern zu —
Und das iſt ſein Beitrag zur Geſchichte des
Geſchmacks auf Muͤnzen. Wie von allen Natio-
nen, wie im Traume, durchhin reden? bei keiner
ihre hiſtoriſchen Data, als Erfolge, die aus einer
Urſache entſpringen, anſehen? bei keiner auch nur
darauf kommen, die Natur des Faktum, aus ei-
nem ſeiner Umſtaͤnde, und Veraͤnderungen in Ent-
wurf
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