Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769.Drittes Wäldchen. priesen, was sich nicht abbilden ließ? Wie? daßsie bei diesem Selbstgefühl nicht stehen blieben, und eben mit der Erfahrenheit ihres Auges, und mit der Gelehrsamkeit ihres Geschmacks höhere Zwecke aus- zurichten suchten; nicht mit dem Jnstrument prahlten, sondern lieber Werke aufwiesen, die ihr Jnstrument in stiller Werkstäte verfertigt: soll dies ihnen gegen den zum Nachtheile a) gereichen, der nichts als sein Jnstrument vorzeiget, der blos von Geschmacke redet, ohne, was er damit zur ander- weitigen Nahrung ausgekostet? Hr. Kl. hat ungefähr sagen wollen: daß es über a) Schon lange haben gründliche Kenner des Alter-
thums es beklagt, daß man so gern mit einigem schö- nen Blendewerk aus den Alten davon prale; ohne die Antiquität zur Wissenschaft anzuwenden. Roch neulich hat Ernesti in der Vorrede zu seiner Archäolo- gie darüber geklagt, daß diese versäumt -- er hätte dazu setzen können, daß sie nach der neuesten Mode gar verspottet werde. Drittes Waͤldchen. prieſen, was ſich nicht abbilden ließ? Wie? daßſie bei dieſem Selbſtgefuͤhl nicht ſtehen blieben, und eben mit der Erfahrenheit ihres Auges, und mit der Gelehrſamkeit ihres Geſchmacks hoͤhere Zwecke aus- zurichten ſuchten; nicht mit dem Jnſtrument prahlten, ſondern lieber Werke aufwieſen, die ihr Jnſtrument in ſtiller Werkſtaͤte verfertigt: ſoll dies ihnen gegen den zum Nachtheile a) gereichen, der nichts als ſein Jnſtrument vorzeiget, der blos von Geſchmacke redet, ohne, was er damit zur ander- weitigen Nahrung ausgekoſtet? Hr. Kl. hat ungefaͤhr ſagen wollen: daß es uͤber a) Schon lange haben gruͤndliche Kenner des Alter-
thums es beklagt, daß man ſo gern mit einigem ſchoͤ- nen Blendewerk aus den Alten davon prale; ohne die Antiquitaͤt zur Wiſſenſchaft anzuwenden. Roch neulich hat Erneſti in der Vorrede zu ſeiner Archaͤolo- gie daruͤber geklagt, daß dieſe verſaͤumt — er haͤtte dazu ſetzen koͤnnen, daß ſie nach der neueſten Mode gar verſpottet werde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0037" n="31"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Waͤldchen.</hi></fw><lb/> prieſen, was ſich nicht abbilden ließ? Wie? daß<lb/> ſie bei dieſem Selbſtgefuͤhl nicht ſtehen blieben, und<lb/> eben mit der Erfahrenheit ihres Auges, und mit der<lb/> Gelehrſamkeit ihres Geſchmacks hoͤhere Zwecke aus-<lb/> zurichten ſuchten; nicht mit dem Jnſtrument<lb/> prahlten, ſondern lieber Werke aufwieſen, die ihr<lb/> Jnſtrument in ſtiller Werkſtaͤte verfertigt: ſoll dies<lb/> ihnen gegen den zum Nachtheile <note place="foot" n="a)">Schon lange haben gruͤndliche Kenner des Alter-<lb/> thums es beklagt, daß man ſo gern mit einigem ſchoͤ-<lb/> nen Blendewerk aus den Alten davon prale; ohne<lb/> die Antiquitaͤt zur Wiſſenſchaft anzuwenden. Roch<lb/> neulich hat Erneſti in der Vorrede zu ſeiner Archaͤolo-<lb/> gie daruͤber geklagt, daß dieſe verſaͤumt — er haͤtte<lb/> dazu ſetzen koͤnnen, daß ſie nach der neueſten Mode<lb/> gar verſpottet werde.</note> gereichen, der<lb/> nichts als ſein Jnſtrument vorzeiget, der blos von<lb/> Geſchmacke redet, ohne, was er damit zur ander-<lb/> weitigen Nahrung ausgekoſtet?</p><lb/> <p>Hr. Kl. hat ungefaͤhr ſagen wollen: daß es<lb/> Leute gebe, die bei einer Muͤnze vorzuͤglich auf<lb/> Gelehrſamkeit ſehen, und bei denen dieſer Hang zur<lb/> Beleſenheit, das, was er Geſchmack nennt, ver-<lb/> ſchlinget; daß es Leute gebe, die bei einer Muͤnze<lb/> das Mechaniſche der Kunſt richtig im Auge haben,<lb/> und (man nenne dieſes nun, Kunſtwiſſenſchaft<lb/> oder Kunſtgeſchmack,) von ihnen, als Gepraͤgen,<lb/> urtheilen, und wenn ſie muntern Geiſtes ſind, ſich<lb/> <fw place="bottom" type="catch">uͤber</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0037]
Drittes Waͤldchen.
prieſen, was ſich nicht abbilden ließ? Wie? daß
ſie bei dieſem Selbſtgefuͤhl nicht ſtehen blieben, und
eben mit der Erfahrenheit ihres Auges, und mit der
Gelehrſamkeit ihres Geſchmacks hoͤhere Zwecke aus-
zurichten ſuchten; nicht mit dem Jnſtrument
prahlten, ſondern lieber Werke aufwieſen, die ihr
Jnſtrument in ſtiller Werkſtaͤte verfertigt: ſoll dies
ihnen gegen den zum Nachtheile a) gereichen, der
nichts als ſein Jnſtrument vorzeiget, der blos von
Geſchmacke redet, ohne, was er damit zur ander-
weitigen Nahrung ausgekoſtet?
Hr. Kl. hat ungefaͤhr ſagen wollen: daß es
Leute gebe, die bei einer Muͤnze vorzuͤglich auf
Gelehrſamkeit ſehen, und bei denen dieſer Hang zur
Beleſenheit, das, was er Geſchmack nennt, ver-
ſchlinget; daß es Leute gebe, die bei einer Muͤnze
das Mechaniſche der Kunſt richtig im Auge haben,
und (man nenne dieſes nun, Kunſtwiſſenſchaft
oder Kunſtgeſchmack,) von ihnen, als Gepraͤgen,
urtheilen, und wenn ſie muntern Geiſtes ſind, ſich
uͤber
a) Schon lange haben gruͤndliche Kenner des Alter-
thums es beklagt, daß man ſo gern mit einigem ſchoͤ-
nen Blendewerk aus den Alten davon prale; ohne
die Antiquitaͤt zur Wiſſenſchaft anzuwenden. Roch
neulich hat Erneſti in der Vorrede zu ſeiner Archaͤolo-
gie daruͤber geklagt, daß dieſe verſaͤumt — er haͤtte
dazu ſetzen koͤnnen, daß ſie nach der neueſten Mode
gar verſpottet werde.
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