Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797."Regenten gebieten den Völkern; die Ge- Da er nicht heirathen dorfte; so erzog „Regenten gebieten den Voͤlkern; die Ge- Da er nicht heirathen dorfte; ſo erzog <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0066" n="59"/> „Regenten gebieten den Voͤlkern; die Ge-<lb/> ſetze den Regenten.“</p><lb/> <p>Da er nicht heirathen dorfte; ſo erzog<lb/> er Kinder, ohne alle Eitelkeit, nur zum<lb/> Nuͤtzlichen, zum Beſten. Er freuete ſich<lb/> auf eine Zeit, da, von Vorurtheilen frei,<lb/> der einfaͤltigſte Capuciner ſo viel wiſſen<lb/> wuͤrde, als der geſchickteſte Jeſuit, und<lb/> hielt dieſe Zeit, ſo lange man ſie auch<lb/> verſpaͤtete, fuͤr unhintertreiblich. Traͤgheit<lb/> und boͤſe Gewohnheiten der Menſchen,<lb/> vorzuͤglich aber den Deſpotismus klagte er<lb/> als muthwillige Urſachen dieſes Aufhaltens<lb/> an: denn auch die Wiſſenſchaften, meinte<lb/> er, liebe man nur unter der Bedingung,<lb/> daß ſie dem Volk nicht zu gut kaͤmen.<lb/> So ſagte jener Karthaͤuſer, als ein Frem-<lb/> der ſeine Karthauſe, wie ſchoͤn ſie ſei,<lb/> lobte: „Fuͤr die Vorbeigehenden iſt ſie al-<lb/> lerdings ſchoͤn.“ —</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [59/0066]
„Regenten gebieten den Voͤlkern; die Ge-
ſetze den Regenten.“
Da er nicht heirathen dorfte; ſo erzog
er Kinder, ohne alle Eitelkeit, nur zum
Nuͤtzlichen, zum Beſten. Er freuete ſich
auf eine Zeit, da, von Vorurtheilen frei,
der einfaͤltigſte Capuciner ſo viel wiſſen
wuͤrde, als der geſchickteſte Jeſuit, und
hielt dieſe Zeit, ſo lange man ſie auch
verſpaͤtete, fuͤr unhintertreiblich. Traͤgheit
und boͤſe Gewohnheiten der Menſchen,
vorzuͤglich aber den Deſpotismus klagte er
als muthwillige Urſachen dieſes Aufhaltens
an: denn auch die Wiſſenſchaften, meinte
er, liebe man nur unter der Bedingung,
daß ſie dem Volk nicht zu gut kaͤmen.
So ſagte jener Karthaͤuſer, als ein Frem-
der ſeine Karthauſe, wie ſchoͤn ſie ſei,
lobte: „Fuͤr die Vorbeigehenden iſt ſie al-
lerdings ſchoͤn.“ —
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