seiner Natur nach, bilde, leuchte und er- wärme. Trotz aller Widerstrebungen sei Ahriman schwach; Ormuzd werde und müsse ihn überwinden. Ihre Religion fo- derte also in Gedanken, Worten, Hand- lungen zu diesem Siegeskampf als zum ei- gentlichen Geschäft des menschlichen Lebens auf. Licht zu schaffen und fortzubreiten, wirksam zu seyn in jedem Guten, zu rei- nigen, zu erfreuen sey unser Geschäft. Eben deshalb stehen wir zwischen Licht und Dunkel. --
Das Christenthum ging mit tiefer- greifenden Regungen auf diesem Wege fort. Kein sklavisches Volk, das sich ewig unter dem Joch krümmt und an Ketten windet, sollte nach ihm das Menschenge- schlecht seyn, sondern ein freies, fröhliches Geschlecht, das ohne Furcht eines Macht- habenden Henkergeistes, das Gute des
ſeiner Natur nach, bilde, leuchte und er- waͤrme. Trotz aller Widerſtrebungen ſei Ahriman ſchwach; Ormuzd werde und muͤſſe ihn uͤberwinden. Ihre Religion fo- derte alſo in Gedanken, Worten, Hand- lungen zu dieſem Siegeskampf als zum ei- gentlichen Geſchaͤft des menſchlichen Lebens auf. Licht zu ſchaffen und fortzubreiten, wirkſam zu ſeyn in jedem Guten, zu rei- nigen, zu erfreuen ſey unſer Geſchaͤft. Eben deshalb ſtehen wir zwiſchen Licht und Dunkel. —
Das Chriſtenthum ging mit tiefer- greifenden Regungen auf dieſem Wege fort. Kein ſklaviſches Volk, das ſich ewig unter dem Joch kruͤmmt und an Ketten windet, ſollte nach ihm das Menſchenge- ſchlecht ſeyn, ſondern ein freies, froͤhliches Geſchlecht, das ohne Furcht eines Macht- habenden Henkergeiſtes, das Gute des
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ſeiner Natur nach, bilde, leuchte und er-
waͤrme. Trotz aller Widerſtrebungen ſei
Ahriman ſchwach; Ormuzd werde und
muͤſſe ihn uͤberwinden. Ihre Religion fo-
derte alſo in Gedanken, Worten, Hand-
lungen zu dieſem Siegeskampf als zum ei-
gentlichen Geſchaͤft des menſchlichen Lebens
auf. Licht zu ſchaffen und fortzubreiten,
wirkſam zu ſeyn in jedem Guten, zu rei-
nigen, zu erfreuen ſey unſer Geſchaͤft.
Eben deshalb ſtehen wir zwiſchen Licht
und Dunkel. —
Das Chriſtenthum ging mit tiefer-
greifenden Regungen auf dieſem Wege
fort. Kein ſklaviſches Volk, das ſich ewig
unter dem Joch kruͤmmt und an Ketten
windet, ſollte nach ihm das Menſchenge-
ſchlecht ſeyn, ſondern ein freies, froͤhliches
Geſchlecht, das ohne Furcht eines Macht-
habenden Henkergeiſtes, das Gute des
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797/205>, abgerufen am 16.02.2025.
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