Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

bei jedem Frevel. Alle Misverhältnisse und
Unbilligkeiten, jede stolze Anmaaßung,
jede feindselige Verhetzung, jede Treulosig-
keit hat ihre Strafe mit oder hinter sich;
je später, desto schrecklicher und ernster.
Die Schuld der Väter häuft sich mit zer-
schmetterndem Gewicht auf Kinder und
Enkel. Gott hat den Menschen nicht er-
laubt, lasterhaft zu seyn als unter dem
harten Gesetz der Strafe.

Wiederum belohnt sich auch in der Ge-
schichte das kleinste Gute. Kein vernünf-
tiges Wort, was je ein Weiser sprach,
kein gutes Beispiel, kein Stral auch in
der dunkelsten Nacht war je verlohren.
Unbemerkt wirkte es fort und that Gutes.
Kein Blut des Unschuldigen ward frucht-
los vergossen; jeder Seufzer des Unter-
drückten stieg gen Himmel und fand zu
seiner Zeit einen Helfer. Auch Thränen

bei jedem Frevel. Alle Misverhaͤltniſſe und
Unbilligkeiten, jede ſtolze Anmaaßung,
jede feindſelige Verhetzung, jede Treuloſig-
keit hat ihre Strafe mit oder hinter ſich;
je ſpaͤter, deſto ſchrecklicher und ernſter.
Die Schuld der Vaͤter haͤuft ſich mit zer-
ſchmetterndem Gewicht auf Kinder und
Enkel. Gott hat den Menſchen nicht er-
laubt, laſterhaft zu ſeyn als unter dem
harten Geſetz der Strafe.

Wiederum belohnt ſich auch in der Ge-
ſchichte das kleinſte Gute. Kein vernuͤnf-
tiges Wort, was je ein Weiſer ſprach,
kein gutes Beiſpiel, kein Stral auch in
der dunkelſten Nacht war je verlohren.
Unbemerkt wirkte es fort und that Gutes.
Kein Blut des Unſchuldigen ward frucht-
los vergoſſen; jeder Seufzer des Unter-
druͤckten ſtieg gen Himmel und fand zu
ſeiner Zeit einen Helfer. Auch Thraͤnen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0174" n="167"/>
bei jedem Frevel. Alle Misverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e und<lb/>
Unbilligkeiten, jede &#x017F;tolze Anmaaßung,<lb/>
jede feind&#x017F;elige Verhetzung, jede Treulo&#x017F;ig-<lb/>
keit hat ihre Strafe mit oder hinter &#x017F;ich;<lb/>
je &#x017F;pa&#x0364;ter, de&#x017F;to &#x017F;chrecklicher und ern&#x017F;ter.<lb/>
Die Schuld der Va&#x0364;ter ha&#x0364;uft &#x017F;ich mit zer-<lb/>
&#x017F;chmetterndem Gewicht auf Kinder und<lb/>
Enkel. Gott hat den Men&#x017F;chen nicht er-<lb/>
laubt, la&#x017F;terhaft zu &#x017F;eyn als unter dem<lb/>
harten Ge&#x017F;etz der Strafe.</p><lb/>
        <p>Wiederum belohnt &#x017F;ich auch in der Ge-<lb/>
&#x017F;chichte das klein&#x017F;te Gute. Kein vernu&#x0364;nf-<lb/>
tiges Wort, was je ein Wei&#x017F;er &#x017F;prach,<lb/>
kein gutes Bei&#x017F;piel, kein Stral auch in<lb/>
der dunkel&#x017F;ten Nacht war je verlohren.<lb/>
Unbemerkt wirkte es fort und that Gutes.<lb/>
Kein Blut des Un&#x017F;chuldigen ward frucht-<lb/>
los vergo&#x017F;&#x017F;en; jeder Seufzer des Unter-<lb/>
dru&#x0364;ckten &#x017F;tieg gen Himmel und fand zu<lb/>
&#x017F;einer Zeit einen Helfer. Auch Thra&#x0364;nen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0174] bei jedem Frevel. Alle Misverhaͤltniſſe und Unbilligkeiten, jede ſtolze Anmaaßung, jede feindſelige Verhetzung, jede Treuloſig- keit hat ihre Strafe mit oder hinter ſich; je ſpaͤter, deſto ſchrecklicher und ernſter. Die Schuld der Vaͤter haͤuft ſich mit zer- ſchmetterndem Gewicht auf Kinder und Enkel. Gott hat den Menſchen nicht er- laubt, laſterhaft zu ſeyn als unter dem harten Geſetz der Strafe. Wiederum belohnt ſich auch in der Ge- ſchichte das kleinſte Gute. Kein vernuͤnf- tiges Wort, was je ein Weiſer ſprach, kein gutes Beiſpiel, kein Stral auch in der dunkelſten Nacht war je verlohren. Unbemerkt wirkte es fort und that Gutes. Kein Blut des Unſchuldigen ward frucht- los vergoſſen; jeder Seufzer des Unter- druͤckten ſtieg gen Himmel und fand zu ſeiner Zeit einen Helfer. Auch Thraͤnen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797/174
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797/174>, abgerufen am 03.05.2024.