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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.

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Allerdings suche ich durch die Phantasie
mit auf den Verstand meiner Leser zu wir-
ken. Ich halte es nicht allein für nützlich,
sondern auch für nothwendig, Gründe in
Bilder zu kleiden; und alle die Nebenbegrif-
fe, welche die einen oder die andern erwecken,
durch Anspielungen zu bezeichnen. Wer hie-
von nichts weiß oder verstehet, müßte schlech-
terdings kein Schriftsteller werden wollen;
denn alle gute Schriftsteller sind es nur
auf diesem Wege geworden. Der Begrif
ist der Mann; das sinnliche Bild des Be-
griffes ist das Weib; und die Worte sind
die Kinder, welche beide hervorbringen. Ein
schöner Held, der sich mit Bildern und Wor-
ten herumschlägt, und immer thut, als ob er
den Begriff nicht sähe! oder immer sich einen
Schatten von Mißbegriff schafft, an dem er
zum Ritter werde!" *)

*) Th. 6. S. 261.

Allerdings ſuche ich durch die Phantaſie
mit auf den Verſtand meiner Leſer zu wir-
ken. Ich halte es nicht allein fuͤr nuͤtzlich,
ſondern auch fuͤr nothwendig, Gruͤnde in
Bilder zu kleiden; und alle die Nebenbegrif-
fe, welche die einen oder die andern erwecken,
durch Anſpielungen zu bezeichnen. Wer hie-
von nichts weiß oder verſtehet, muͤßte ſchlech-
terdings kein Schriftſteller werden wollen;
denn alle gute Schriftſteller ſind es nur
auf dieſem Wege geworden. Der Begrif
iſt der Mann; das ſinnliche Bild des Be-
griffes iſt das Weib; und die Worte ſind
die Kinder, welche beide hervorbringen. Ein
ſchoͤner Held, der ſich mit Bildern und Wor-
ten herumſchlaͤgt, und immer thut, als ob er
den Begriff nicht ſaͤhe! oder immer ſich einen
Schatten von Mißbegriff ſchafft, an dem er
zum Ritter werde!“ *)

*) Th. 6. S. 261.
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[148/0155] Allerdings ſuche ich durch die Phantaſie mit auf den Verſtand meiner Leſer zu wir- ken. Ich halte es nicht allein fuͤr nuͤtzlich, ſondern auch fuͤr nothwendig, Gruͤnde in Bilder zu kleiden; und alle die Nebenbegrif- fe, welche die einen oder die andern erwecken, durch Anſpielungen zu bezeichnen. Wer hie- von nichts weiß oder verſtehet, muͤßte ſchlech- terdings kein Schriftſteller werden wollen; denn alle gute Schriftſteller ſind es nur auf dieſem Wege geworden. Der Begrif iſt der Mann; das ſinnliche Bild des Be- griffes iſt das Weib; und die Worte ſind die Kinder, welche beide hervorbringen. Ein ſchoͤner Held, der ſich mit Bildern und Wor- ten herumſchlaͤgt, und immer thut, als ob er den Begriff nicht ſaͤhe! oder immer ſich einen Schatten von Mißbegriff ſchafft, an dem er zum Ritter werde!“ *) *) Th. 6. S. 261.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/155>, abgerufen am 21.11.2024.