Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Europa ward allgemach ruhiger. Städte,
Handel, Gewerbe, mit ihnen auch einige
Künste fingen an zu blühen; nach und nach
verfeinte sich der Geschmack mit ihnen.
Dante, Petrarca, Boccaz erschienen;
es erwachten die Alten in ihren Gräbern.
Constantinopel ward erobert; die Griechen
flohen nach Italien; und es entstand ein
Enthusiasmus ohne Seinesgleichen. Die
schönen Künste und die Literatur der Alten
war, wiefern es die Zeit gestattete und
angab, auf ihrem höchsten Gipfel.

Die Entdeckung fremder Welttheile, ein
veränderter Zustand der Finanzen, des
Krieges, der Stände folgte; die Buch-
druckerei kam in Gang; ihr folgten neue,
zumal Naturwissenschaften; dies Alles läu-
tete der Poesie der mittleren Zeiten völlig
zu Grabe. Die Entdeckung fremder Welt-
theile mochten späterhin Camoens, Er-

cilla

Europa ward allgemach ruhiger. Staͤdte,
Handel, Gewerbe, mit ihnen auch einige
Kuͤnſte fingen an zu bluͤhen; nach und nach
verfeinte ſich der Geſchmack mit ihnen.
Dante, Petrarca, Boccaz erſchienen;
es erwachten die Alten in ihren Graͤbern.
Conſtantinopel ward erobert; die Griechen
flohen nach Italien; und es entſtand ein
Enthuſiasmus ohne Seinesgleichen. Die
ſchoͤnen Kuͤnſte und die Literatur der Alten
war, wiefern es die Zeit geſtattete und
angab, auf ihrem hoͤchſten Gipfel.

Die Entdeckung fremder Welttheile, ein
veraͤnderter Zuſtand der Finanzen, des
Krieges, der Staͤnde folgte; die Buch-
druckerei kam in Gang; ihr folgten neue,
zumal Naturwiſſenſchaften; dies Alles laͤu-
tete der Poeſie der mittleren Zeiten voͤllig
zu Grabe. Die Entdeckung fremder Welt-
theile mochten ſpaͤterhin Camoens, Er-

cilla
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0083" n="64"/>
        <p>Europa ward allgemach ruhiger. Sta&#x0364;dte,<lb/>
Handel, Gewerbe, mit ihnen auch einige<lb/>
Ku&#x0364;n&#x017F;te fingen an zu blu&#x0364;hen; nach und nach<lb/>
verfeinte &#x017F;ich der Ge&#x017F;chmack mit ihnen.<lb/><hi rendition="#g">Dante</hi>, <hi rendition="#g">Petrarca</hi>, <hi rendition="#g">Boccaz</hi> er&#x017F;chienen;<lb/>
es erwachten die Alten in ihren Gra&#x0364;bern.<lb/>
Con&#x017F;tantinopel ward erobert; die Griechen<lb/>
flohen nach Italien; und es ent&#x017F;tand ein<lb/>
Enthu&#x017F;iasmus ohne Seinesgleichen. Die<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Ku&#x0364;n&#x017F;te und die Literatur der Alten<lb/>
war, wiefern es die Zeit ge&#x017F;tattete und<lb/>
angab, auf ihrem ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gipfel.</p><lb/>
        <p>Die Entdeckung fremder Welttheile, ein<lb/>
vera&#x0364;nderter Zu&#x017F;tand der Finanzen, des<lb/>
Krieges, der Sta&#x0364;nde folgte; die Buch-<lb/>
druckerei kam in Gang; ihr folgten neue,<lb/>
zumal Naturwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften; dies Alles la&#x0364;u-<lb/>
tete der Poe&#x017F;ie der mittleren Zeiten vo&#x0364;llig<lb/>
zu Grabe. Die Entdeckung fremder Welt-<lb/>
theile mochten &#x017F;pa&#x0364;terhin <hi rendition="#g">Camoens</hi>, <hi rendition="#g">Er</hi>-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#g">cilla</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0083] Europa ward allgemach ruhiger. Staͤdte, Handel, Gewerbe, mit ihnen auch einige Kuͤnſte fingen an zu bluͤhen; nach und nach verfeinte ſich der Geſchmack mit ihnen. Dante, Petrarca, Boccaz erſchienen; es erwachten die Alten in ihren Graͤbern. Conſtantinopel ward erobert; die Griechen flohen nach Italien; und es entſtand ein Enthuſiasmus ohne Seinesgleichen. Die ſchoͤnen Kuͤnſte und die Literatur der Alten war, wiefern es die Zeit geſtattete und angab, auf ihrem hoͤchſten Gipfel. Die Entdeckung fremder Welttheile, ein veraͤnderter Zuſtand der Finanzen, des Krieges, der Staͤnde folgte; die Buch- druckerei kam in Gang; ihr folgten neue, zumal Naturwiſſenſchaften; dies Alles laͤu- tete der Poeſie der mittleren Zeiten voͤllig zu Grabe. Die Entdeckung fremder Welt- theile mochten ſpaͤterhin Camoens, Er- cilla

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/83
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/83>, abgerufen am 21.11.2024.