Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

sterblichkeit auf: denn das Lumpenpapier
war erfunden. Allgemach lernte man le-
sen, da man sonst den Sänger und Fabel-
erzähler nur hatte hören können.

So vermehrten sich Chroniken, Romane,
allmälich auch Abschriften der Alten. Wäre
die Erfindung des Lumpenpapiers früher
gekommen, wie viel weniger wäre unter-
gegangen! wie viel Schätzbares hätten wir
ihr zu danken! Und noch sind wir ihr so-
wohl durch Ueberschreibung aus älteren
Pergamenten, als durch die von ihr veran-
laßte Umarbeitungen alter Sagen und sonst,
Viel schuldig.

Was indessen ehemals das Aegyptische
Schilf ([fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]) gethan hatte, daß es näm-
lich die Griechischen Rhapsoden allmälich
verstummen machte und statt ihrer leben-
digen Gesänge Bücher ([fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]) in die
Hand gab; das thaten mit der Zeit auch

Achte Samml. D

ſterblichkeit auf: denn das Lumpenpapier
war erfunden. Allgemach lernte man le-
ſen, da man ſonſt den Saͤnger und Fabel-
erzaͤhler nur hatte hoͤren koͤnnen.

So vermehrten ſich Chroniken, Romane,
allmaͤlich auch Abſchriften der Alten. Waͤre
die Erfindung des Lumpenpapiers fruͤher
gekommen, wie viel weniger waͤre unter-
gegangen! wie viel Schaͤtzbares haͤtten wir
ihr zu danken! Und noch ſind wir ihr ſo-
wohl durch Ueberſchreibung aus aͤlteren
Pergamenten, als durch die von ihr veran-
laßte Umarbeitungen alter Sagen und ſonſt,
Viel ſchuldig.

Was indeſſen ehemals das Aegyptiſche
Schilf ([fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]) gethan hatte, daß es naͤm-
lich die Griechiſchen Rhapſoden allmaͤlich
verſtummen machte und ſtatt ihrer leben-
digen Geſaͤnge Buͤcher ([fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]) in die
Hand gab; das thaten mit der Zeit auch

Achte Samml. D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0068" n="49"/>
&#x017F;terblichkeit auf: denn das Lumpenpapier<lb/>
war erfunden. Allgemach lernte man le-<lb/>
&#x017F;en, da man &#x017F;on&#x017F;t den Sa&#x0364;nger und Fabel-<lb/>
erza&#x0364;hler nur hatte ho&#x0364;ren ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>So vermehrten &#x017F;ich Chroniken, Romane,<lb/>
allma&#x0364;lich auch Ab&#x017F;chriften der Alten. Wa&#x0364;re<lb/>
die Erfindung des Lumpenpapiers fru&#x0364;her<lb/>
gekommen, wie viel weniger wa&#x0364;re unter-<lb/>
gegangen! wie viel Scha&#x0364;tzbares ha&#x0364;tten wir<lb/>
ihr zu danken! Und noch &#x017F;ind wir ihr &#x017F;o-<lb/>
wohl durch Ueber&#x017F;chreibung aus a&#x0364;lteren<lb/>
Pergamenten, als durch die von ihr veran-<lb/>
laßte Umarbeitungen alter Sagen und &#x017F;on&#x017F;t,<lb/>
Viel &#x017F;chuldig.</p><lb/>
        <p>Was inde&#x017F;&#x017F;en ehemals das Aegypti&#x017F;che<lb/>
Schilf (<gap reason="fm" unit="chars"/>) gethan hatte, daß es na&#x0364;m-<lb/>
lich die Griechi&#x017F;chen Rhap&#x017F;oden allma&#x0364;lich<lb/>
ver&#x017F;tummen machte und &#x017F;tatt ihrer leben-<lb/>
digen Ge&#x017F;a&#x0364;nge Bu&#x0364;cher (<gap reason="fm" unit="chars"/>) in die<lb/>
Hand gab; das thaten mit der Zeit auch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Achte Samml. D</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0068] ſterblichkeit auf: denn das Lumpenpapier war erfunden. Allgemach lernte man le- ſen, da man ſonſt den Saͤnger und Fabel- erzaͤhler nur hatte hoͤren koͤnnen. So vermehrten ſich Chroniken, Romane, allmaͤlich auch Abſchriften der Alten. Waͤre die Erfindung des Lumpenpapiers fruͤher gekommen, wie viel weniger waͤre unter- gegangen! wie viel Schaͤtzbares haͤtten wir ihr zu danken! Und noch ſind wir ihr ſo- wohl durch Ueberſchreibung aus aͤlteren Pergamenten, als durch die von ihr veran- laßte Umarbeitungen alter Sagen und ſonſt, Viel ſchuldig. Was indeſſen ehemals das Aegyptiſche Schilf (_ ) gethan hatte, daß es naͤm- lich die Griechiſchen Rhapſoden allmaͤlich verſtummen machte und ſtatt ihrer leben- digen Geſaͤnge Buͤcher (_ ) in die Hand gab; das thaten mit der Zeit auch Achte Samml. D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/68
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/68>, abgerufen am 04.05.2024.