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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.

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Daphne, (eine Italiänische Oper,) seine
Sonnette und Sinngedichte; wie schwer,
und einförmig!

Zweitens. Kritik muß die Poesie als
Kunst ausbilden; was ist aber Kritik bei
den Deutschen? Eine verpachtete Bude,
eine verachtete Lästerschule. Was ist vom
Geschmack einer Nation zu halten, die auf
ihren Richterstühlen des Geschmacks Na-
menlose feile Lictoren verehret? Was ist
von ihrer Gutmüthigkeit zu halten, wenn
sie falsch Maas und Gewicht des Urtheils
öffentlich duldet?

Endlich scheinets, daß die Deutsche
Poesie auf die von Ihnen angezeigte Weise
eine Kinderpoesie sei und seyn werde.
Sie unterhält uns mit schönen Bildern
und Abstractionen; oder zaubert uns in
ein Arkadien voll Unschuld, Liebe und Ein-
falt, das nirgend ist, als in der Phan-

Daphne, (eine Italiaͤniſche Oper,) ſeine
Sonnette und Sinngedichte; wie ſchwer,
und einfoͤrmig!

Zweitens. Kritik muß die Poeſie als
Kunſt ausbilden; was iſt aber Kritik bei
den Deutſchen? Eine verpachtete Bude,
eine verachtete Laͤſterſchule. Was iſt vom
Geſchmack einer Nation zu halten, die auf
ihren Richterſtuͤhlen des Geſchmacks Na-
menloſe feile Lictoren verehret? Was iſt
von ihrer Gutmuͤthigkeit zu halten, wenn
ſie falſch Maas und Gewicht des Urtheils
oͤffentlich duldet?

Endlich ſcheinets, daß die Deutſche
Poeſie auf die von Ihnen angezeigte Weiſe
eine Kinderpoeſie ſei und ſeyn werde.
Sie unterhaͤlt uns mit ſchoͤnen Bildern
und Abſtractionen; oder zaubert uns in
ein Arkadien voll Unſchuld, Liebe und Ein-
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[134/0153] Daphne, (eine Italiaͤniſche Oper,) ſeine Sonnette und Sinngedichte; wie ſchwer, und einfoͤrmig! Zweitens. Kritik muß die Poeſie als Kunſt ausbilden; was iſt aber Kritik bei den Deutſchen? Eine verpachtete Bude, eine verachtete Laͤſterſchule. Was iſt vom Geſchmack einer Nation zu halten, die auf ihren Richterſtuͤhlen des Geſchmacks Na- menloſe feile Lictoren verehret? Was iſt von ihrer Gutmuͤthigkeit zu halten, wenn ſie falſch Maas und Gewicht des Urtheils oͤffentlich duldet? Endlich ſcheinets, daß die Deutſche Poeſie auf die von Ihnen angezeigte Weiſe eine Kinderpoeſie ſei und ſeyn werde. Sie unterhaͤlt uns mit ſchoͤnen Bildern und Abſtractionen; oder zaubert uns in ein Arkadien voll Unſchuld, Liebe und Ein- falt, das nirgend iſt, als in der Phan-

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/153>, abgerufen am 21.11.2024.