Zeiten sind voll von diesen goldnen Bil- dern in die unermeßliche Bläue des Him- mels gemahlet. Ich glaube nicht, daß es Ausdrücke süßerer Empfindungen gebe, als die bei der Geburt, dem Leiden und Tode Christi, bei dem Schmerz der Maria, bei ihrem Abschiede aus der Sichtbarkeit, oder bei ihrer Aufnahme in den Himmel und bei dem freudigen Hingange so manches Märtyrers, bei der sehnenden Geduld so mancher leidenden Seele, meistens in den einfachsten Sylbenmaaßen, oft in Idiotis- men und Soldcismen des Affects geäußert wurden. Wer sich davon überzeugen will, lese die frommen Liebesgesänge des heil. Bernhards und Thomas, des Cardi- nals Bona, der heil. Therese, des Juan de la Cruz und ihres Gleichen; oder viel- mehr er höre sie mit Musik begleitet. Das Stabat Mater dolorosa (Jacobus de Bene-
Zeiten ſind voll von dieſen goldnen Bil- dern in die unermeßliche Blaͤue des Him- mels gemahlet. Ich glaube nicht, daß es Ausdruͤcke ſuͤßerer Empfindungen gebe, als die bei der Geburt, dem Leiden und Tode Chriſti, bei dem Schmerz der Maria, bei ihrem Abſchiede aus der Sichtbarkeit, oder bei ihrer Aufnahme in den Himmel und bei dem freudigen Hingange ſo manches Maͤrtyrers, bei der ſehnenden Geduld ſo mancher leidenden Seele, meiſtens in den einfachſten Sylbenmaaßen, oft in Idiotis- men und Soldcismen des Affects geaͤußert wurden. Wer ſich davon uͤberzeugen will, leſe die frommen Liebesgeſaͤnge des heil. Bernhards und Thomas, des Cardi- nals Bona, der heil. Thereſe, des Juan de la Cruz und ihres Gleichen; oder viel- mehr er hoͤre ſie mit Muſik begleitet. Das Stabat Mater doloroſa (Jacobus de Bene-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0059"n="42"/>
Zeiten ſind voll von dieſen goldnen Bil-<lb/>
dern in die unermeßliche Blaͤue des Him-<lb/>
mels gemahlet. Ich glaube nicht, daß es<lb/>
Ausdruͤcke ſuͤßerer Empfindungen gebe, als<lb/>
die bei der Geburt, dem Leiden und Tode<lb/>
Chriſti, bei dem Schmerz der Maria, bei<lb/>
ihrem Abſchiede aus der Sichtbarkeit, oder<lb/>
bei ihrer Aufnahme in den Himmel und<lb/>
bei dem freudigen Hingange ſo manches<lb/>
Maͤrtyrers, bei der ſehnenden Geduld ſo<lb/>
mancher leidenden Seele, meiſtens in den<lb/>
einfachſten Sylbenmaaßen, oft in Idiotis-<lb/>
men und Soldcismen des Affects geaͤußert<lb/>
wurden. Wer ſich davon uͤberzeugen will,<lb/>
leſe die frommen Liebesgeſaͤnge des heil.<lb/><hirendition="#g">Bernhards</hi> und <hirendition="#g">Thomas</hi>, des Cardi-<lb/>
nals <hirendition="#g">Bona</hi>, der heil. <hirendition="#g">Thereſe</hi>, des <hirendition="#aq">Juan<lb/>
de la Cruz</hi> und ihres Gleichen; oder viel-<lb/>
mehr er hoͤre ſie mit Muſik begleitet. Das<lb/><hirendition="#aq">Stabat Mater doloroſa (Jacobus de Bene-<lb/></hi></p></div></body></text></TEI>
[42/0059]
Zeiten ſind voll von dieſen goldnen Bil-
dern in die unermeßliche Blaͤue des Him-
mels gemahlet. Ich glaube nicht, daß es
Ausdruͤcke ſuͤßerer Empfindungen gebe, als
die bei der Geburt, dem Leiden und Tode
Chriſti, bei dem Schmerz der Maria, bei
ihrem Abſchiede aus der Sichtbarkeit, oder
bei ihrer Aufnahme in den Himmel und
bei dem freudigen Hingange ſo manches
Maͤrtyrers, bei der ſehnenden Geduld ſo
mancher leidenden Seele, meiſtens in den
einfachſten Sylbenmaaßen, oft in Idiotis-
men und Soldcismen des Affects geaͤußert
wurden. Wer ſich davon uͤberzeugen will,
leſe die frommen Liebesgeſaͤnge des heil.
Bernhards und Thomas, des Cardi-
nals Bona, der heil. Thereſe, des Juan
de la Cruz und ihres Gleichen; oder viel-
mehr er hoͤre ſie mit Muſik begleitet. Das
Stabat Mater doloroſa (Jacobus de Bene-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet07_1796/59>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.