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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796.

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che, die lange nicht so sangbar war, als die
Italiänische, hatte desto mehrere Lust zu
erzählen, und zu repräsentiren. Sie
nahm also von ihren Provenzalen Einerseits
vorzüglich die Contes und fabliaux auf,
die bald zu großen Romanen ausgebildet
wurden. Andererseits gefielen der Nation
die Gebehrdenspiele der Musars, Co-
mirs, Plaisantins
so sehr, daß sie mit der
Zeit auch Spiele der Nation wurden, aus
welchen zuletzt das Französische Thea-
ter hervor ging. Wir wollen von beiden
Charakterzügen dieser Nation, vom Er-
zählen und Repräsentiren, den großen
Erweis der Zeiten bemerken.

Muntre Erzähler sind die Franzosen
von jeher gewesen; das ganze Gebilde ihrer
Sprache trägt davon den Charakter. Schon
unter Philipp August reimte man Mähr-
chen; unter Philipp dem kühnen fan-

che, die lange nicht ſo ſangbar war, als die
Italiaͤniſche, hatte deſto mehrere Luſt zu
erzaͤhlen, und zu repraͤſentiren. Sie
nahm alſo von ihren Provenzalen Einerſeits
vorzuͤglich die Contes und fabliaux auf,
die bald zu großen Romanen ausgebildet
wurden. Andererſeits gefielen der Nation
die Gebehrdenſpiele der Muſars, Co-
mirs, Plaiſantins
ſo ſehr, daß ſie mit der
Zeit auch Spiele der Nation wurden, aus
welchen zuletzt das Franzoͤſiſche Thea-
ter hervor ging. Wir wollen von beiden
Charakterzuͤgen dieſer Nation, vom Er-
zaͤhlen und Repraͤſentiren, den großen
Erweis der Zeiten bemerken.

Muntre Erzaͤhler ſind die Franzoſen
von jeher geweſen; das ganze Gebilde ihrer
Sprache traͤgt davon den Charakter. Schon
unter Philipp Auguſt reimte man Maͤhr-
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[123/0140] che, die lange nicht ſo ſangbar war, als die Italiaͤniſche, hatte deſto mehrere Luſt zu erzaͤhlen, und zu repraͤſentiren. Sie nahm alſo von ihren Provenzalen Einerſeits vorzuͤglich die Contes und fabliaux auf, die bald zu großen Romanen ausgebildet wurden. Andererſeits gefielen der Nation die Gebehrdenſpiele der Muſars, Co- mirs, Plaiſantins ſo ſehr, daß ſie mit der Zeit auch Spiele der Nation wurden, aus welchen zuletzt das Franzoͤſiſche Thea- ter hervor ging. Wir wollen von beiden Charakterzuͤgen dieſer Nation, vom Er- zaͤhlen und Repraͤſentiren, den großen Erweis der Zeiten bemerken. Muntre Erzaͤhler ſind die Franzoſen von jeher geweſen; das ganze Gebilde ihrer Sprache traͤgt davon den Charakter. Schon unter Philipp Auguſt reimte man Maͤhr- chen; unter Philipp dem kuͤhnen fan-

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet07_1796/140>, abgerufen am 23.11.2024.