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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796.

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gende, wenn ihrer auch noch so viel wä-
ren, bis zwei- dreihundert und noch mehr.
Doch pflegen sie ihre Gedichte so lang nicht
zu machen. Schon zu Christi Zeiten und
kurz hernach müssen sich die Araber der
Reime bedient haben, weil ihre Dichtkunst
schon einige Jahrhunderte vor Muhamed
vollkommen gewesen und nicht die geringste
Spur von einem Reimlosen Gedicht bei ih-
nen gefunden wird; es sei lang oder kurz,
heroisch oder jambisch. Doch sind ihre jam-
bischen Gedichte so beschaffen, daß sie den
einmal gefaßten Reim nicht beständig bei-
behalten, welches sonst ein wesentliches Er-
forderniß der heroischen Gattung ist; son-
dern sie wechseln mit dem Rhythmus ab,
beinahe wie wir. Haben sie Einen Rhyth-
mum
drei- viermal wiederholt, so fallen sie
auf einen andern." U. f. -- Ich glaube
nicht, daß die Erbauung der Sonnette,

gende, wenn ihrer auch noch ſo viel waͤ-
ren, bis zwei- dreihundert und noch mehr.
Doch pflegen ſie ihre Gedichte ſo lang nicht
zu machen. Schon zu Chriſti Zeiten und
kurz hernach muͤſſen ſich die Araber der
Reime bedient haben, weil ihre Dichtkunſt
ſchon einige Jahrhunderte vor Muhamed
vollkommen geweſen und nicht die geringſte
Spur von einem Reimloſen Gedicht bei ih-
nen gefunden wird; es ſei lang oder kurz,
heroiſch oder jambiſch. Doch ſind ihre jam-
biſchen Gedichte ſo beſchaffen, daß ſie den
einmal gefaßten Reim nicht beſtaͤndig bei-
behalten, welches ſonſt ein weſentliches Er-
forderniß der heroiſchen Gattung iſt; ſon-
dern ſie wechſeln mit dem Rhythmus ab,
beinahe wie wir. Haben ſie Einen Rhyth-
mum
drei- viermal wiederholt, ſo fallen ſie
auf einen andern.“ U. f. — Ich glaube
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[92/0109] gende, wenn ihrer auch noch ſo viel waͤ- ren, bis zwei- dreihundert und noch mehr. Doch pflegen ſie ihre Gedichte ſo lang nicht zu machen. Schon zu Chriſti Zeiten und kurz hernach muͤſſen ſich die Araber der Reime bedient haben, weil ihre Dichtkunſt ſchon einige Jahrhunderte vor Muhamed vollkommen geweſen und nicht die geringſte Spur von einem Reimloſen Gedicht bei ih- nen gefunden wird; es ſei lang oder kurz, heroiſch oder jambiſch. Doch ſind ihre jam- biſchen Gedichte ſo beſchaffen, daß ſie den einmal gefaßten Reim nicht beſtaͤndig bei- behalten, welches ſonſt ein weſentliches Er- forderniß der heroiſchen Gattung iſt; ſon- dern ſie wechſeln mit dem Rhythmus ab, beinahe wie wir. Haben ſie Einen Rhyth- mum drei- viermal wiederholt, ſo fallen ſie auf einen andern.“ U. f. — Ich glaube nicht, daß die Erbauung der Sonnette,

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet07_1796/109>, abgerufen am 07.05.2024.