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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795.

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bar gemacht, die mit solcher Energie we-
der Sprache noch Musik, noch irgend ei-
ne andre Bemühung der Menschen aus-
drücken konnte. Diese Formen ordnete,
reinigte sie, und stellte sie selbst in deut-
lichen, ewigen Begriffen dem Auge jedes
Sehenden für alle Zeiten dar, in welchen
sich Menschheit in diesen Formen genießt
und fühlet, in welchen Menschheit nach
diesen Formen wirket. Sie giebt uns also
nicht nur eine sichtbare Logik und Meta-
physik unsres Geschlechts in seinen vor-
nehmsten Gestalten, nach Altern, Sinnes-
arten, Neigungen und Trieben; sondern
indem sie diese mit Sinn und Wahl dar-
stellt, ruft sie als eine zweite Schöpferinn
uns schweigend zu: "blicke in diesen Spie-
gel, o Mensch; Das soll und kann dein
Geschlecht seyn. So hat sich die Natur
in ihm mit Würde und Einfalt, mit Sinn

bar gemacht, die mit ſolcher Energie we-
der Sprache noch Muſik, noch irgend ei-
ne andre Bemuͤhung der Menſchen aus-
druͤcken konnte. Dieſe Formen ordnete,
reinigte ſie, und ſtellte ſie ſelbſt in deut-
lichen, ewigen Begriffen dem Auge jedes
Sehenden fuͤr alle Zeiten dar, in welchen
ſich Menſchheit in dieſen Formen genießt
und fuͤhlet, in welchen Menſchheit nach
dieſen Formen wirket. Sie giebt uns alſo
nicht nur eine ſichtbare Logik und Meta-
phyſik unſres Geſchlechts in ſeinen vor-
nehmſten Geſtalten, nach Altern, Sinnes-
arten, Neigungen und Trieben; ſondern
indem ſie dieſe mit Sinn und Wahl dar-
ſtellt, ruft ſie als eine zweite Schoͤpferinn
uns ſchweigend zu: „blicke in dieſen Spie-
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[4/0019] bar gemacht, die mit ſolcher Energie we- der Sprache noch Muſik, noch irgend ei- ne andre Bemuͤhung der Menſchen aus- druͤcken konnte. Dieſe Formen ordnete, reinigte ſie, und ſtellte ſie ſelbſt in deut- lichen, ewigen Begriffen dem Auge jedes Sehenden fuͤr alle Zeiten dar, in welchen ſich Menſchheit in dieſen Formen genießt und fuͤhlet, in welchen Menſchheit nach dieſen Formen wirket. Sie giebt uns alſo nicht nur eine ſichtbare Logik und Meta- phyſik unſres Geſchlechts in ſeinen vor- nehmſten Geſtalten, nach Altern, Sinnes- arten, Neigungen und Trieben; ſondern indem ſie dieſe mit Sinn und Wahl dar- ſtellt, ruft ſie als eine zweite Schoͤpferinn uns ſchweigend zu: „blicke in dieſen Spie- gel, o Menſch; Das ſoll und kann dein Geſchlecht ſeyn. So hat ſich die Natur in ihm mit Wuͤrde und Einfalt, mit Sinn

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet06_1795/19>, abgerufen am 24.11.2024.