simplificirt die Gestalt und kommt der Kunst nahe. Alle zeigen, der höchste Kampfpreis der Griechen sei in den frühe- sten Zeiten Männlichkeit, (Tugend,) in den spätern Nutzbarkeit fürs gemeine Be- ste, schöner Wohlstand und die Blüthe ei- nes unsterblichen Ruhmes gewesen. In solcher Rücksicht schaue man Götter und Helden an; sie ermuntern uns alle, unsre Tage nicht in üppiger Trägheit langsam zu verdauen, sondern, worinn es sei, nach dem edelsten, höchsten Kranz in ei- nem bestimmten und vollendeten Charakter zu streben. Kräftiger kann dies schwerlich gesagt werden, als es uns die Bildsäulen und Denkmahle der Götter und Helden, der Dichter und Wei- sen von Theseus bis zu Antonins Zeiten hinab, begleitet von der Stimme der Musen sagen. Sei deine äußre Ge-
ſimplificirt die Geſtalt und kommt der Kunſt nahe. Alle zeigen, der hoͤchſte Kampfpreis der Griechen ſei in den fruͤhe- ſten Zeiten Maͤnnlichkeit, (Tugend,) in den ſpaͤtern Nutzbarkeit fuͤrs gemeine Be- ſte, ſchoͤner Wohlſtand und die Bluͤthe ei- nes unſterblichen Ruhmes geweſen. In ſolcher Ruͤckſicht ſchaue man Goͤtter und Helden an; ſie ermuntern uns alle, unſre Tage nicht in uͤppiger Traͤgheit langſam zu verdauen, ſondern, worinn es ſei, nach dem edelſten, hoͤchſten Kranz in ei- nem beſtimmten und vollendeten Charakter zu ſtreben. Kraͤftiger kann dies ſchwerlich geſagt werden, als es uns die Bildſaͤulen und Denkmahle der Goͤtter und Helden, der Dichter und Wei- ſen von Theſeus bis zu Antonins Zeiten hinab, begleitet von der Stimme der Muſen ſagen. Sei deine aͤußre Ge-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0143"n="128"/>ſimplificirt die Geſtalt und kommt der<lb/>
Kunſt nahe. Alle zeigen, der hoͤchſte<lb/>
Kampfpreis der Griechen ſei in den fruͤhe-<lb/>ſten Zeiten Maͤnnlichkeit, (Tugend,) in<lb/>
den ſpaͤtern Nutzbarkeit fuͤrs gemeine Be-<lb/>ſte, ſchoͤner Wohlſtand und die Bluͤthe ei-<lb/>
nes unſterblichen Ruhmes geweſen. In<lb/>ſolcher Ruͤckſicht ſchaue man Goͤtter und<lb/>
Helden an; ſie ermuntern uns alle, unſre<lb/>
Tage nicht in uͤppiger Traͤgheit langſam<lb/>
zu verdauen, ſondern, worinn es ſei,<lb/>
nach dem edelſten, hoͤchſten Kranz in ei-<lb/>
nem <hirendition="#g">beſtimmten und vollendeten<lb/>
Charakter</hi> zu ſtreben. Kraͤftiger kann<lb/>
dies ſchwerlich geſagt werden, als es<lb/>
uns die Bildſaͤulen und Denkmahle der<lb/>
Goͤtter und Helden, der Dichter und Wei-<lb/>ſen von <hirendition="#g">Theſeus</hi> bis zu <hirendition="#g">Antonins</hi><lb/>
Zeiten hinab, begleitet von der Stimme<lb/>
der Muſen ſagen. Sei deine aͤußre Ge-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[128/0143]
ſimplificirt die Geſtalt und kommt der
Kunſt nahe. Alle zeigen, der hoͤchſte
Kampfpreis der Griechen ſei in den fruͤhe-
ſten Zeiten Maͤnnlichkeit, (Tugend,) in
den ſpaͤtern Nutzbarkeit fuͤrs gemeine Be-
ſte, ſchoͤner Wohlſtand und die Bluͤthe ei-
nes unſterblichen Ruhmes geweſen. In
ſolcher Ruͤckſicht ſchaue man Goͤtter und
Helden an; ſie ermuntern uns alle, unſre
Tage nicht in uͤppiger Traͤgheit langſam
zu verdauen, ſondern, worinn es ſei,
nach dem edelſten, hoͤchſten Kranz in ei-
nem beſtimmten und vollendeten
Charakter zu ſtreben. Kraͤftiger kann
dies ſchwerlich geſagt werden, als es
uns die Bildſaͤulen und Denkmahle der
Goͤtter und Helden, der Dichter und Wei-
ſen von Theſeus bis zu Antonins
Zeiten hinab, begleitet von der Stimme
der Muſen ſagen. Sei deine aͤußre Ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet06_1795/143>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.