Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.tig und grausam, von ihnen ein Ideal tig und grauſam, von ihnen ein Ideal <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0093" n="78"/> tig und grauſam, von ihnen ein Ideal<lb/> der Kunſt, ein correſpondirendes Publi-<lb/> cum zu fordern? Einzelne Dichter und<lb/> Schauſpieler haben ſich, ich moͤchte ſagen<lb/> uͤber das Moͤgliche, hinaufgeſchwungen;<lb/> ſie konnten aber keine neue Welt um und<lb/> vor ſich ſchaffen; dieſe muͤſſen auffuͤhren,<lb/> was jene geben, wie ſie es mit andern<lb/> auffuͤhren koͤnnen, und wie am Ende<lb/><hi rendition="#g">ihr Publicum</hi> gebietet. Da ich hier<lb/> keine Kritik des Theaters ſchreibe, ſo be-<lb/> merke ich nur Eins, daß bei uns, wie<lb/> mich duͤnkt, durchs Theater das Publicum<lb/> gebildet werden muͤſſe, nicht aber durchs<lb/> Publicum das Theater. Fuͤrs Theater<lb/> haben wir noch kein richtendes Publicum,<lb/> eben weil die theatraliſche Kunſt im Sin-<lb/> ne der Griechen die Kunſt der Kuͤnſte iſt,<lb/> von der ſelbſt nicht jeder Dichter, noch<lb/> weniger jeder Liebhaber, am wenigſten end-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0093]
tig und grauſam, von ihnen ein Ideal
der Kunſt, ein correſpondirendes Publi-
cum zu fordern? Einzelne Dichter und
Schauſpieler haben ſich, ich moͤchte ſagen
uͤber das Moͤgliche, hinaufgeſchwungen;
ſie konnten aber keine neue Welt um und
vor ſich ſchaffen; dieſe muͤſſen auffuͤhren,
was jene geben, wie ſie es mit andern
auffuͤhren koͤnnen, und wie am Ende
ihr Publicum gebietet. Da ich hier
keine Kritik des Theaters ſchreibe, ſo be-
merke ich nur Eins, daß bei uns, wie
mich duͤnkt, durchs Theater das Publicum
gebildet werden muͤſſe, nicht aber durchs
Publicum das Theater. Fuͤrs Theater
haben wir noch kein richtendes Publicum,
eben weil die theatraliſche Kunſt im Sin-
ne der Griechen die Kunſt der Kuͤnſte iſt,
von der ſelbſt nicht jeder Dichter, noch
weniger jeder Liebhaber, am wenigſten end-
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