Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.sten leidender oder abgestorbener Glieder Sehr übel ists, daß wir in der Ge- A 2
ſten leidender oder abgeſtorbener Glieder Sehr uͤbel iſts, daß wir in der Ge- A 2
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ſten leidender oder abgeſtorbener Glieder
bereitet werde, dies iſt ein des großen
Leibnitz wuͤrdiger Gedanke. Das menſch-
liche Geſchlecht iſt ein Phoͤnix; auch in
ſeinen Gliedern, ganzen Nationen, verjuͤn-
get es ſich, und ſteht aus der Aſche wie-
der auf.
Sehr uͤbel iſts, daß wir in der Ge-
ſchichte die Meinungen und Grund-
ſaͤtze der Voͤlker, die dort und dann
herrſchten, ſo wenig bemerkt finden.
Man ſieht Erfolge, oft ſpaͤte Erfolge, und
muß die vielleicht laͤngſt im Verborgenen
wirkende Triebfeder truͤglich errathen. Noch
ſeltner werden in ihr dergleichen herrſchen-
de Meinungen und Grundſaͤtze in ihrer
Abſtammung und Fortpflanzung
genealogiſch verfolgt; man ſieht ſie hie
und da wie Stroͤme aus der Erde brechen
und ſich, indeß ihr Lauf unter der Erde
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Zitationshilfe: | Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/166>, abgerufen am 17.07.2024. |