Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Ufer flott gemacht; er kann, er darf nicht
mehr, (es sei denn, daß er sich hinaus-
stürze und den wilden Wellen des Meers
überlasse) im Schiff, als wär' er am Ufer,
müssig dastehn und die Wellen zählen.
Seine Pflicht ruft ihn, (denn alle seine
Gefährten und Geliebten sind mit ihm im
Schiffe) daß, wenn ein Sturm sich em-
pört, eine Gefahr droht, der Wind sich
ändert, oder ein Schiff hinanschleudert,
sein Fahrzeug zu übersegeln, seine Pflicht
ruft ihn, daß Er helfe und rufe. Leise
oder laut, nachdem sein Stand ist, dem
Bootsknecht, Steuermann oder dem Schif-
fer; seine Pflicht, die gesammte Wohl-
fahrt des Schiffes ruft ihn. Er sichert
sich nicht einzeln; er darf sich nicht in den
Kahn einer erlesenen Ufergesellschaft, der
ihm hier nicht zu Gebot stehet, träumen;
er legt Hand an das Werk, und wird

Ufer flott gemacht; er kann, er darf nicht
mehr, (es ſei denn, daß er ſich hinaus-
ſtuͤrze und den wilden Wellen des Meers
uͤberlaſſe) im Schiff, als waͤr' er am Ufer,
muͤſſig daſtehn und die Wellen zaͤhlen.
Seine Pflicht ruft ihn, (denn alle ſeine
Gefaͤhrten und Geliebten ſind mit ihm im
Schiffe) daß, wenn ein Sturm ſich em-
poͤrt, eine Gefahr droht, der Wind ſich
aͤndert, oder ein Schiff hinanſchleudert,
ſein Fahrzeug zu uͤberſegeln, ſeine Pflicht
ruft ihn, daß Er helfe und rufe. Leiſe
oder laut, nachdem ſein Stand iſt, dem
Bootsknecht, Steuermann oder dem Schif-
fer; ſeine Pflicht, die geſammte Wohl-
fahrt des Schiffes ruft ihn. Er ſichert
ſich nicht einzeln; er darf ſich nicht in den
Kahn einer erleſenen Ufergeſellſchaft, der
ihm hier nicht zu Gebot ſtehet, traͤumen;
er legt Hand an das Werk, und wird

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0153" n="138"/>
Ufer flott gemacht; er kann, er darf nicht<lb/>
mehr, (es &#x017F;ei denn, daß er &#x017F;ich hinaus-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rze und den wilden Wellen des Meers<lb/>
u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;e) im Schiff, als wa&#x0364;r' er am Ufer,<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig da&#x017F;tehn und die Wellen za&#x0364;hlen.<lb/>
Seine Pflicht ruft ihn, (denn alle &#x017F;eine<lb/>
Gefa&#x0364;hrten und Geliebten &#x017F;ind mit ihm im<lb/>
Schiffe) daß, wenn ein Sturm &#x017F;ich em-<lb/>
po&#x0364;rt, eine Gefahr droht, der Wind &#x017F;ich<lb/>
a&#x0364;ndert, oder ein Schiff hinan&#x017F;chleudert,<lb/>
&#x017F;ein Fahrzeug zu u&#x0364;ber&#x017F;egeln, &#x017F;eine Pflicht<lb/>
ruft ihn, daß Er helfe und rufe. Lei&#x017F;e<lb/>
oder laut, nachdem &#x017F;ein Stand i&#x017F;t, dem<lb/>
Bootsknecht, Steuermann oder dem Schif-<lb/>
fer; &#x017F;eine Pflicht, die ge&#x017F;ammte Wohl-<lb/>
fahrt des Schiffes ruft ihn. Er &#x017F;ichert<lb/>
&#x017F;ich nicht einzeln; er darf &#x017F;ich nicht in den<lb/>
Kahn einer erle&#x017F;enen Uferge&#x017F;ell&#x017F;chaft, der<lb/>
ihm hier nicht zu Gebot &#x017F;tehet, tra&#x0364;umen;<lb/>
er legt Hand an das Werk, und wird<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0153] Ufer flott gemacht; er kann, er darf nicht mehr, (es ſei denn, daß er ſich hinaus- ſtuͤrze und den wilden Wellen des Meers uͤberlaſſe) im Schiff, als waͤr' er am Ufer, muͤſſig daſtehn und die Wellen zaͤhlen. Seine Pflicht ruft ihn, (denn alle ſeine Gefaͤhrten und Geliebten ſind mit ihm im Schiffe) daß, wenn ein Sturm ſich em- poͤrt, eine Gefahr droht, der Wind ſich aͤndert, oder ein Schiff hinanſchleudert, ſein Fahrzeug zu uͤberſegeln, ſeine Pflicht ruft ihn, daß Er helfe und rufe. Leiſe oder laut, nachdem ſein Stand iſt, dem Bootsknecht, Steuermann oder dem Schif- fer; ſeine Pflicht, die geſammte Wohl- fahrt des Schiffes ruft ihn. Er ſichert ſich nicht einzeln; er darf ſich nicht in den Kahn einer erleſenen Ufergeſellſchaft, der ihm hier nicht zu Gebot ſtehet, traͤumen; er legt Hand an das Werk, und wird

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/153
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/153>, abgerufen am 22.11.2024.