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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.

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zen Theile der Nation, der die Französi-
sche Cultur liebte, für Deutsche Wissen-
schaften gewöhnlich ganz todt; daher wir
denn, Trotz alles Privatfleißes, Trotz man-
cher kühner Unternehmungen voll guten
Zutrauens, das dafür büßen mußte, an
Dingen dieser Art unsern Nachbarn, Brit-
ten und Franzosen, ja selbst Dänen und
Schweden weit nachstehn. Die Deutsche
Litteratur, eine rüstige Arbeiterin und Die-
nerin des Wissens, erscheint in einem
Bettlermantel von Maculatur; sie richtete
selten etwas mehr aus, als wohin Pri-
vatfleiß, einzelnes Genie reichet. Die un-
schätzbaren Sammlungen der Kunst, die
in vorigen Jahrhunderten ein vorüberge-
gangner Hofgeschmack zusammengebracht
hat, stehen oft unter harten Gesetzen der
Clausur, als Heiligenbilder da, anschau-
bar, nicht immer brauchbar, noch weni-

zen Theile der Nation, der die Franzoͤſi-
ſche Cultur liebte, fuͤr Deutſche Wiſſen-
ſchaften gewoͤhnlich ganz todt; daher wir
denn, Trotz alles Privatfleißes, Trotz man-
cher kuͤhner Unternehmungen voll guten
Zutrauens, das dafuͤr buͤßen mußte, an
Dingen dieſer Art unſern Nachbarn, Brit-
ten und Franzoſen, ja ſelbſt Daͤnen und
Schweden weit nachſtehn. Die Deutſche
Litteratur, eine ruͤſtige Arbeiterin und Die-
nerin des Wiſſens, erſcheint in einem
Bettlermantel von Maculatur; ſie richtete
ſelten etwas mehr aus, als wohin Pri-
vatfleiß, einzelnes Genie reichet. Die un-
ſchaͤtzbaren Sammlungen der Kunſt, die
in vorigen Jahrhunderten ein voruͤberge-
gangner Hofgeſchmack zuſammengebracht
hat, ſtehen oft unter harten Geſetzen der
Clauſur, als Heiligenbilder da, anſchau-
bar, nicht immer brauchbar, noch weni-

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[88/0103] zen Theile der Nation, der die Franzoͤſi- ſche Cultur liebte, fuͤr Deutſche Wiſſen- ſchaften gewoͤhnlich ganz todt; daher wir denn, Trotz alles Privatfleißes, Trotz man- cher kuͤhner Unternehmungen voll guten Zutrauens, das dafuͤr buͤßen mußte, an Dingen dieſer Art unſern Nachbarn, Brit- ten und Franzoſen, ja ſelbſt Daͤnen und Schweden weit nachſtehn. Die Deutſche Litteratur, eine ruͤſtige Arbeiterin und Die- nerin des Wiſſens, erſcheint in einem Bettlermantel von Maculatur; ſie richtete ſelten etwas mehr aus, als wohin Pri- vatfleiß, einzelnes Genie reichet. Die un- ſchaͤtzbaren Sammlungen der Kunſt, die in vorigen Jahrhunderten ein voruͤberge- gangner Hofgeſchmack zuſammengebracht hat, ſtehen oft unter harten Geſetzen der Clauſur, als Heiligenbilder da, anſchau- bar, nicht immer brauchbar, noch weni-

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/103>, abgerufen am 22.11.2024.