wandte gesagt würde, so möchte hinter die- ser Demuth ein Spott liegen, dem ich fast beiträte. Unter allen Stolzen halte ich den Nationalstolzen, so wie den Geburts- und Adelstolzen für den größesten Narren.
Was ist Nation? Ein großer, ungejä- teter Garte voll Kraut und Unkraut. Wer wollte sich dieses Sammelplatzes von Thor- heiten und Fehlern so wie von Vortreflich- keiten und Tugenden ohne Unterscheidung annehmen, und wenn es eine bloße Mei- nung von Seelenkräften oder Verdiensten gilt, für diese Dulcinea gegen andre Na- tionen den Speer brechen? Lasset uns, so viel wir können, zur Ehre der Nation bei- tragen; auch vertheidigen sollen wir sie, wo man ihr Unrecht thut, (in welchem Falle damals unser Verfasser war;) sie aber ex professo preisen, das halte ich für einen Selbstruhm ohne Wirkung.
Vierte Samml. C
wandte geſagt wuͤrde, ſo moͤchte hinter die- ſer Demuth ein Spott liegen, dem ich faſt beitraͤte. Unter allen Stolzen halte ich den Nationalſtolzen, ſo wie den Geburts- und Adelſtolzen fuͤr den groͤßeſten Narren.
Was iſt Nation? Ein großer, ungejaͤ- teter Garte voll Kraut und Unkraut. Wer wollte ſich dieſes Sammelplatzes von Thor- heiten und Fehlern ſo wie von Vortreflich- keiten und Tugenden ohne Unterſcheidung annehmen, und wenn es eine bloße Mei- nung von Seelenkraͤften oder Verdienſten gilt, fuͤr dieſe Dulcinea gegen andre Na- tionen den Speer brechen? Laſſet uns, ſo viel wir koͤnnen, zur Ehre der Nation bei- tragen; auch vertheidigen ſollen wir ſie, wo man ihr Unrecht thut, (in welchem Falle damals unſer Verfaſſer war;) ſie aber ex profeſſo preiſen, das halte ich fuͤr einen Selbſtruhm ohne Wirkung.
Vierte Samml. C
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wandte geſagt wuͤrde, ſo moͤchte hinter die-
ſer Demuth ein Spott liegen, dem ich faſt
beitraͤte. Unter allen Stolzen halte ich den
Nationalſtolzen, ſo wie den Geburts- und
Adelſtolzen fuͤr den groͤßeſten Narren.
Was iſt Nation? Ein großer, ungejaͤ-
teter Garte voll Kraut und Unkraut. Wer
wollte ſich dieſes Sammelplatzes von Thor-
heiten und Fehlern ſo wie von Vortreflich-
keiten und Tugenden ohne Unterſcheidung
annehmen, und wenn es eine bloße Mei-
nung von Seelenkraͤften oder Verdienſten
gilt, fuͤr dieſe Dulcinea gegen andre Na-
tionen den Speer brechen? Laſſet uns, ſo
viel wir koͤnnen, zur Ehre der Nation bei-
tragen; auch vertheidigen ſollen wir ſie,
wo man ihr Unrecht thut, (in welchem
Falle damals unſer Verfaſſer war;) ſie
aber ex profeſſo preiſen, das halte ich fuͤr
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 4. Riga, 1794, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet04_1794/38>, abgerufen am 03.07.2024.
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