Er schrieb sie; ich zweifle, daß sie je ge- druckt worden. Das Manuscript muß son- derbare Schicksale gehabt haben: denn in der vorliegenden Schrift: "Nachricht von Realis de Vienna Prüfung" werden sonderbare Umstände lautbar. Die Handschrift, (so sagt der Verfasser) sei 21. Jahre umhergegangen, seitdem sie Prof. Adam Rechenberg in Leipzig, (Chri- stian Thomasens Schwager,) dem Buch- führer im Jahr 1693 entführet. Dieser habe sie unter seinen Bekannten herumge- schickt, andre auch von dieser Sache zu schreiben angereizt, endlich sie Reimannen übergeben, der den Kern seiner Literatur- geschichte Deutschlandes ganz, aber äußerst Kraftlos und unvollständig aus diesem Werk genommen, und nur die elenden kin- dischen Schalen dazu gethan habe. U. f. Auch Kasimirs Kanonik, glaubt er,
B 2
Er ſchrieb ſie; ich zweifle, daß ſie je ge- druckt worden. Das Manuſcript muß ſon- derbare Schickſale gehabt haben: denn in der vorliegenden Schrift: „Nachricht von Realis de Vienna Pruͤfung“ werden ſonderbare Umſtaͤnde lautbar. Die Handſchrift, (ſo ſagt der Verfaſſer) ſei 21. Jahre umhergegangen, ſeitdem ſie Prof. Adam Rechenberg in Leipzig, (Chri- ſtian Thomaſens Schwager,) dem Buch- fuͤhrer im Jahr 1693 entfuͤhret. Dieſer habe ſie unter ſeinen Bekannten herumge- ſchickt, andre auch von dieſer Sache zu ſchreiben angereizt, endlich ſie Reimannen uͤbergeben, der den Kern ſeiner Literatur- geſchichte Deutſchlandes ganz, aber aͤußerſt Kraftlos und unvollſtaͤndig aus dieſem Werk genommen, und nur die elenden kin- diſchen Schalen dazu gethan habe. U. f. Auch Kaſimirs Kanonik, glaubt er,
B 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0024"n="19"/>
Er ſchrieb ſie; ich zweifle, daß ſie je ge-<lb/>
druckt worden. Das Manuſcript muß ſon-<lb/>
derbare Schickſale gehabt haben: denn in<lb/>
der vorliegenden Schrift: „<hirendition="#g">Nachricht<lb/>
von Realis de Vienna Pruͤfung</hi>“<lb/>
werden ſonderbare Umſtaͤnde lautbar. Die<lb/>
Handſchrift, (ſo ſagt der Verfaſſer) ſei 21.<lb/>
Jahre umhergegangen, ſeitdem ſie Prof.<lb/><hirendition="#g">Adam Rechenberg</hi> in Leipzig, (<hirendition="#g">Chri</hi>-<lb/><hirendition="#g">ſtian Thomaſens</hi> Schwager,) dem Buch-<lb/>
fuͤhrer im Jahr 1693 entfuͤhret. Dieſer<lb/>
habe ſie unter ſeinen Bekannten herumge-<lb/>ſchickt, andre auch von dieſer Sache zu<lb/>ſchreiben angereizt, endlich ſie <hirendition="#g">Reimannen</hi><lb/>
uͤbergeben, der den Kern ſeiner Literatur-<lb/>
geſchichte Deutſchlandes ganz, aber aͤußerſt<lb/>
Kraftlos und unvollſtaͤndig aus dieſem<lb/>
Werk genommen, und nur die elenden kin-<lb/>
diſchen Schalen dazu gethan habe. U. f.<lb/>
Auch <hirendition="#g">Kaſimirs Kanonik</hi>, glaubt er,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B 2</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[19/0024]
Er ſchrieb ſie; ich zweifle, daß ſie je ge-
druckt worden. Das Manuſcript muß ſon-
derbare Schickſale gehabt haben: denn in
der vorliegenden Schrift: „Nachricht
von Realis de Vienna Pruͤfung“
werden ſonderbare Umſtaͤnde lautbar. Die
Handſchrift, (ſo ſagt der Verfaſſer) ſei 21.
Jahre umhergegangen, ſeitdem ſie Prof.
Adam Rechenberg in Leipzig, (Chri-
ſtian Thomaſens Schwager,) dem Buch-
fuͤhrer im Jahr 1693 entfuͤhret. Dieſer
habe ſie unter ſeinen Bekannten herumge-
ſchickt, andre auch von dieſer Sache zu
ſchreiben angereizt, endlich ſie Reimannen
uͤbergeben, der den Kern ſeiner Literatur-
geſchichte Deutſchlandes ganz, aber aͤußerſt
Kraftlos und unvollſtaͤndig aus dieſem
Werk genommen, und nur die elenden kin-
diſchen Schalen dazu gethan habe. U. f.
Auch Kaſimirs Kanonik, glaubt er,
B 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 4. Riga, 1794, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet04_1794/24>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.