Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.stößt mehr zurück, als Gefühllose, stolze So nothwendig indessen eine menschli- ſtoͤßt mehr zuruͤck, als Gefuͤhlloſe, ſtolze So nothwendig indeſſen eine menſchli- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0059" n="50"/> ſtoͤßt mehr zuruͤck, als Gefuͤhlloſe, ſtolze<lb/> Haͤrte. Ein Betragen, als ob man hoͤhe-<lb/> ren Stammes und ganz andrer, oder gar<lb/> eigner Art ſei, erbittert Jeden, und ziehet<lb/> dem Uebermenſchen das unvermeidliche Ue-<lb/> bel zu, daß ſein Herz ungebrochen, leer,<lb/> und ungebildet bleibt, daß Jedermann zu-<lb/> letzt ihn haſſet oder verachtet.</p><lb/> <p>So nothwendig indeſſen eine menſchli-<lb/> che <hi rendition="#g">Lindigkeit und Milde</hi> gegen die<lb/> Fehler und Leiden unſrer Nebengeſchoͤpfe<lb/> bleibt: ſo muß ſie doch, wenn ſie zu weich<lb/> und ausſchließend wird, den Charakter er-<lb/> ſchlaffen, und kann eben dadurch die haͤr-<lb/> teſte Grauſamkeit werden. Ohne Gerech-<lb/> tigkeit beſtehet Billigkeit nicht; eine <hi rendition="#g">Nach</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ſicht</hi> ohne <hi rendition="#g">Einſicht</hi> der Schwaͤchen und<lb/> Fehler iſt eine Verzaͤrtelung, die eiternde<lb/> Wunden mit Roſen bedeckt, und eben da-<lb/> durch Schmerzen und Gefahr mehrt.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [50/0059]
ſtoͤßt mehr zuruͤck, als Gefuͤhlloſe, ſtolze
Haͤrte. Ein Betragen, als ob man hoͤhe-
ren Stammes und ganz andrer, oder gar
eigner Art ſei, erbittert Jeden, und ziehet
dem Uebermenſchen das unvermeidliche Ue-
bel zu, daß ſein Herz ungebrochen, leer,
und ungebildet bleibt, daß Jedermann zu-
letzt ihn haſſet oder verachtet.
So nothwendig indeſſen eine menſchli-
che Lindigkeit und Milde gegen die
Fehler und Leiden unſrer Nebengeſchoͤpfe
bleibt: ſo muß ſie doch, wenn ſie zu weich
und ausſchließend wird, den Charakter er-
ſchlaffen, und kann eben dadurch die haͤr-
teſte Grauſamkeit werden. Ohne Gerech-
tigkeit beſtehet Billigkeit nicht; eine Nach-
ſicht ohne Einſicht der Schwaͤchen und
Fehler iſt eine Verzaͤrtelung, die eiternde
Wunden mit Roſen bedeckt, und eben da-
durch Schmerzen und Gefahr mehrt.
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