Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.die Welt kommen bin? "Die Ruhe ist aber die Welt kommen bin? „Die Ruhe iſt aber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0039" n="30"/> die Welt kommen bin? „Die Ruhe iſt aber<lb/> angenehm.“ Biſt du zum Genießen geboh-<lb/> ren? oder nicht vielmehr zum Thun, zum<lb/> Wirken? Sieheſt du nicht, wie Gewaͤchſe,<lb/> Voͤgel, Ameiſen, Spinnen, Bienen die Welt<lb/> auf ihrem Platze mitzieren? und du, ein<lb/> Menſch, wollteſt deinen Menſchenberuf nicht<lb/> erfuͤllen? Du eilſt nicht zu dem, was deine<lb/> Natur von dir fodert? Du liebſt dich alſo<lb/> nicht ſelbſt, da du deine Natur, und ihr Ge-<lb/> ſetz nicht liebeſt. Andre, die ihre Kunſt lie-<lb/> ben, zehren ſich in Ausuͤbung derſelben ab,<lb/> ſie vergeſſen Speiſe und Trank; du aber<lb/> ſchaͤtzeſt deine Menſchennatur geringer, als<lb/> der Drechsler die Drehekunſt, der Taͤnzer die<lb/> Tanzkunſt, der Geizige das Geld, der Ehr-<lb/> ſuͤchtige ein wenig Ehre. Scheinen Dir Ar-<lb/> beiten <hi rendition="#g">zum gemeinen Wohlſeyn</hi> zu ge-<lb/> ringe, als daß ſie gleichen Fleißes beduͤrf-<lb/> ten?“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [30/0039]
die Welt kommen bin? „Die Ruhe iſt aber
angenehm.“ Biſt du zum Genießen geboh-
ren? oder nicht vielmehr zum Thun, zum
Wirken? Sieheſt du nicht, wie Gewaͤchſe,
Voͤgel, Ameiſen, Spinnen, Bienen die Welt
auf ihrem Platze mitzieren? und du, ein
Menſch, wollteſt deinen Menſchenberuf nicht
erfuͤllen? Du eilſt nicht zu dem, was deine
Natur von dir fodert? Du liebſt dich alſo
nicht ſelbſt, da du deine Natur, und ihr Ge-
ſetz nicht liebeſt. Andre, die ihre Kunſt lie-
ben, zehren ſich in Ausuͤbung derſelben ab,
ſie vergeſſen Speiſe und Trank; du aber
ſchaͤtzeſt deine Menſchennatur geringer, als
der Drechsler die Drehekunſt, der Taͤnzer die
Tanzkunſt, der Geizige das Geld, der Ehr-
ſuͤchtige ein wenig Ehre. Scheinen Dir Ar-
beiten zum gemeinen Wohlſeyn zu ge-
ringe, als daß ſie gleichen Fleißes beduͤrf-
ten?“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |